Mediendiät – ich bin dafür und dagegen

von | 28.07.2017 | 1 Kommentar

Vor etwas mehr als einem Jahr entdeckte ich ein Video zum Thema Mediendiät auf einem meiner liebsten Youtube-Kanäle. Ich war begeistert, denn dieser Verzicht auf Nachrichten erschien mir simpel sowie effizient und schon begann ich. Und ritt damit in meine eigene, persönliche Hölle. Glaube ich jedenfalls.

Wir verbringen viel zu viel Zeit damit, uns über das Weltgeschehen zu informieren oder informieren zu lassen. In der von der ehemaligen Schwiegermutter in spe abonnierten HAZ las ich immer nur den Wirtschaftsteil und habe bis heute nicht verstanden, wieso Leute sich für das Erdbeben in sonstwo oder den Badeurlaub des Promi X interessieren. Ich habe mich also frei gemacht von schlechten Nachrichten, von dem Zeitfresser durch die Informationsflut und habe dadurch Raum für die wichtigen Dinge bekommen: Für meine Selbstständigkeit!
Politik habe ich bereits vor meiner Mediendiät weitestgehend gemieden, denn mich haben sämtliche politische Nachrichten eher deprimiert als informiert. So viel Schlechtes geschieht in der Welt und wenn wir mal ehrlich sind, gibt es keine Politik, die es allen recht machen wird. Was bringt es mir also, Zeit mit Nachrichten zu verschwenden? Lieber wollte ich unternehmerisch aktiv sein, meine Zeit mit Produktivem verwenden und mich dabei darauf verlassen können, dass die lieben Menschen um mich herum die Nachrichten an mich herantragen, die relevant sind. Denn relevant ist nur das, was die Menschen interessiert, die mich interessieren, dachte ich.

Und mit diesem Gedanken lag ich gar nicht mal so falsch: Denn bei Networkingveranstaltungen kommt leider immer wieder der leidige Punkt Small Talk auf. Klar, gerade bei Veranstaltungen spricht man über die Veranstaltung selbst und darüber, warum jemand sich entschieden hat, dort zu sein, wer wen kennt, was man macht und was man erreichen möchte, doch irgendwann kommt das Small Talk Loch.

Ungünstig, wenn eine Gruppe frisch gebackener Bekannter in einem Kreis stehen, ein Gläschen Bier in der Hand haben und über etwas reden, was “jeder” mitbekommen hat. War es nicht in den Twitter-Trends, so hatte ich keine Ahnung. Und schon hatte ich mein erstes Problem durch die Mediendiät.
Nun gilt es, beides gegeneinander aufzuwiegen. Den Schaden durch die Mediendiät, den ich beim Small-Talk-Themenauswahl-Roulette erleide, stelle ich dem Nutzen durch gewonnene Zeit gegenüber und merke … nichts.

Wie viel Zeit habe ich gewonnen? Keine Ahnung. Ich weiß nicht, wie es ist, sich durch Nachrichten zu klicken, denn das habe ich nie getan. Seit es in Hannover kein Fernsehen mehr gibt (zumindest kein Free-TV über die kleine Zimmerantenne), kann ich auch keine Nachrichten schauen. Klar, ich könnte den Live-Stream einschalten, aber ich bin kein Fernseh-Typ, eher ein Lese-Typ. Außerdem muss ich für mich ganz neu erfahren, woher ich die Nachrichten hören will.

Bei Gesprächen mit anderen Autorinnen und Autoren habe ich immer wieder Probleme gehabt, auf Themen einzugehen, die gerade aktuell waren.
Das hat nicht nur mit der Mediendiät zu tun, sondern auch mit meinen Interessen. Ich interessiere mich absolut Null für Sport, den ich nicht selbst mache, kenne keinen einzigen der Promis, um die es bei den Klatschnachrichten geht, halte nichts von der Wettervorschau, die für meinen jeweils aktuellen Aufenthalt viel zu ungenau ist, und wer wem die Hand geschüttelt hat, ist mir ohnehin egal.

Die Nachrichten, die ich mir wünsche, sollen informativ sein. Und Informationen hole ich mir, sie werden nicht in mein Leben reingedrückt. Was sagte ich noch gleich über Generationen? Gehöre ich womöglich zur Generation “on demand”? Ist diese Generation gleichzusetzen mit der Generation Flatrate? Ich hatte schon immer ein Problem mit der Beschriftung von Schubladen, in der so viele verschiedene Menschen Platz finden müssen.

Ich denke, für die Zukunft werde ich mir einfach zu meinen abzugrasenden Blogs, Facebook-Seiten und Influencern, die ich täglich besuche, ein paar Nachrichtenkanäle hinzufügen. Schön wäre es nur, wenn ich all das in einem individuellen Newsfeed nach meinem Interesse zusammenführen könnte. Kennt jemand so ein Programm? Wenn nein, ist es hiermit meine Idee und ich entwickele es. Wenn ja, hinterlass‘ mir gerne einen Kommentar und ich suche mir meine Mitte aus Mediendiät und Small Talk Vorrat.

Alles Liebe,

Kia



1 Kommentar

  1. Micha

    “Ich hatte schon immer ein Problem mit der Beschriftung von Schubladen, in der so viele verschiedene Menschen Platz finden müssen.”
    – Dieser Satz wäre durchaus ein Schlüsselsatz für eine Kurzgeschichte! 🙂

    Ich weiß nicht, was diese Generations-Namen (Flatrate, Boomers, X, Y, Z) überhaupt aussagen sollen. Sind sie nicht einfach nur ein Hilfsmittel in einer Diskussion, damit jeder weiß, wovon man spricht? Wie relevant sind sie als Gesellschaftsanalyse? Spannendes Thema.

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