Die Motivation zur Prokrastination

von | 28.02.2021 | 0 Kommentare

Prokrastination ist ein Wort, das früher ein Fachbegriff, gar ein Fremdwort war, aber heute kennt es jeder. Und ich glaube, auch jede und jeder von uns betreibt hier und da diese gewissen Vermeidungsstrategien. In diesem Artikel möchte ich sie euch aufzeigen: Die Motivation zur Prokrastination und wie wir dagegen vorgehen können.

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Prokrastination vs. Aufschieberitis

In meiner Podcastfolge zum Thema Akrasia habe ich im Januar schon einmal eine Abgrenzung von Akrasia, Prokrastination und Aufschieberitis vorgenommen. Zur Auffrischung möchte ich hier noch einmal kurz auf Aufschieberitis und Prokrastination eingehen.

Prokrastination und Aufschieberitis wird oft synonym verwendet. Aber ich finde, Aufschieben ist, wenn wir eine unliebsame Aufgabe, die eigentlich dran ist, so aufschieben, dass wir die Zeit stattdessen unproduktiv oder mit Freizeit verbringen.

Bei Prokrastination hingegen schieben wir zwar auch auf, aber wir erledigen stattdessen vermeintlich sinnvolle Aufgaben. Somit bleiben wir mit einem guten Gewissen beschäftigt, sind entweder an anderer Stelle tatsächlich effizient, oder aber gaukeln uns selbst vor, Wichtiges zu erledigen, obwohl es womöglich gar nicht wirklich an der Reihe ist.

 

Unliebsame Aufgaben

Gerade Schriftsteller*innen prokrastinieren häufig ihre Schreibprojekte. Das weiß ich nicht zuletzt, weil ich selbst in diesem Frühjahr massive Probleme hatte, weil ich Band 2 der Logfiles-Trilogie prokrastiniert habe. Und auch davor war es schlimm: 2020 wollte ich meinen lesbischen Liebesroman beenden. Das Ergebnis: Drei geschriebene (sehr gute) Kapitel und die Erkenntnis, dass zwar der Schreibstil toll, aber der Plot im Gesamten nicht gut genug ist.

Aber warum sind denn unsere Leidenschaften, die richtig wichtigen und zielbringenden Aufgaben unliebsam? Wir sind doch selbstständig, weil wir die Arbeit machen wollen, die uns wirklich etwas bedeutet?

Die Antwort darauf ist erschreckend einfach: Wir wollen Schmerz vermeiden und Lust gewinnen. Das Lust-Schmerz-Prinzip.

Zum Einen sind mit unseren wirklich wichtigen Aufgaben oft Ängste verbunden: Angst vor (berechtigter) negativer Kritik. Angst vor Versagen. Angst vor der Zukunft. Oder wir machen uns selbst Druck, es muss total gut werden, und wenn nicht, sind wir Versager*innen und es nicht wert, uns Schriftsteller*innen zu nennen.

Zum Anderen können sich Pläne und Ziele verändern. Vielleicht hängt dein Herz nicht mehr an der Sache, was natürlich nicht bedeutet, dass du sofort aufhören sollst, deiner Selbstständigkeit als Schriftsteller*in nachzugehen. Es kann sein, dass ein Projekt einfach jetzt, in genau diesem Moment, nicht dran ist. Mein Herz hing im Januar nicht an den Logfiles, ich war eigentlich schon auf meinen Online-Kurs eingestellt. Auf eine belletristische Pause, in der ich mich dem sachlichen Schreiben, Konzipieren und Gestalten hingebe. Das macht aus mir keine schlechtere Schriftstellerin – zumindest nicht aus meiner Perspektive. Verlegerin und Lektor sehen das womöglich ein wenig anders.

Du bist also nicht schlecht, nur weil die Prio 1 oder die Leidenschaft zur unliebsamen Aufgabe geworden ist.

 

Langfristige und kurzfristige Effekte

Kommen wir noch einmal auf das Lust-Schmerz-Prinzip zurück.

Mein Traum (= meine Priorität) ist es, mit meinem Buchsatz so richtig erfolgreich zu sein. Ich möchte eine der wichtigsten und ersten Ansprechpartnerin in diesem Bereich sein und ein ganzes Unternehmen um schriftstellernahe Dienstleistungen aufbauen. Also wäre es, wenn eine Beschwerde-E-Mail eines Kunden bei mir ankommt, natürlich Priorität Nummer Eins, der Person zu helfen und dafür zu sorgen, dass der Kunde im Nachhinein dann doch noch glücklich ist. Noch ist das nicht vorgekommen (ich klopf‘ auf Holz!), aber bei meinem ambitionierten Ziel wird früher oder später ein Auftrag unzufriedenstellend sein. Das macht allein schon die Menge der Kund*innen, die ich plane zu bedienen, aus.

Nun habe ich in diesem fiktiven Beispiel die unliebsame Aufgabe, eine Beschwerdemail zu bearbeiten. Wenn ich jetzt sofort den Schmerz vermeiden möchte, mache ich mich lieber an die Buchhaltung oder spiele mit meinen Haustieren – ich verfalle also in Aufschieberitis oder in Prokrastination. Kurzfristig gesehen gewinne ich Lust und vermeide Schmerz.

Aber langfristig sieht das ganz anders aus. Langfristig könnte dieser Kunde wütend werden. Enttäuscht von meinem miserablen Kundenservice veröffentlicht er irgendwo negative Bewertungen und spricht auch zu eigenen Kontakten im persönlichen Gespräch eine Nicht-Empfehlung aus. Ich würde also langfristig Schmerz statt Lust empfinden.

Wenn ich jetzt nicht prokrastiniere und diesem fiktiven Kunden zuvorkommend, wohlwollend und kundenorientiert behandele und alles in meiner Macht stehende dafür tue, dass der Auftrag zu seiner Zufriedenheit abgeschlossen wird, gewinne ich auf lange Sicht einen guten Ruf, mehr Kund*innen und darf noch mehr dazu beitragen, schöne Bücher zu machen.

Allein, wenn wir uns das vor Augen führen, kann sich die Prokrastination in Luft auflösen. Denn nur mit einem gesunden und realistischen Konsequenzen-Denken werden wir uns bewusst, was Prokrastination anrichten kann, wenn wir uns nicht mit ihr beschäftigen und gegen sie arbeiten.

 

Computer: Ursachen und Helfer zugleich

Bei der Arbeit am Computer kann Prokrastination auch einfach durch etwas ganz Schnödes zustande kommen: Durch Ablenkung! Ich brauche dir nicht großartig zu erzählen, wie man sich von all den Dingen und Angeboten im Internet ablenken lassen kann – sicher weißt du das selbst sehr gut.

Aber ich kann dir zwei Tipps geben, die gegen Ablenkung und Prokrastination bei der Schreibtischarbeit helfen.

Cold Turkey Writer

Ich habe schon einmal auf diesem Blog über Cold Turkey Writer geschrieben. Daher mach ich’s kurz und knapp: Mit CTW (Cold Turkey Writer) kannst du deinen Computer darauf begrenzen, dass er dir ein weißes Blatt Papier zeigt. Du sperrst dich ein und kommst nicht mehr raus, bis zu eine selbst vorgegebene Anzahl von Wörtern geschrieben oder Minuten mit dem Schreiben verbracht hast. Das hilft für Fokus-Phasen und ist mein Retter, wenn ich Flow-Probleme habe.

Rescue Time

Bei Rescue Time handelt es sich um ein Plug-In für deinen Browser, eine App fürs Smartphone und auch ein Programm für deinen Computer. Das Programm zählt deine Zeit, die du aktiv mit Websites, Apps und Programmen verwendest. Dabei ist nicht jede Installation ein „Ding“, sondern dein Account. Wenn du also eine Stunde lang das Word-Dokument offen hast und währenddessen in der Küche bist und am Smartphone YouTube-Videos schaust, merkt RescueTime das. Es gibt eine kostenlose und eine kostenpflichtige Variante von RescueTime und es gibt wirklich sehr sehr tolle und aufschlussreiche Analysen.

 

Fazit: Immer wieder von vorn

Was mir aufgefallen ist: Prokrastination kannst du nicht nachhaltig vermeiden. Oder: Ich kann es nicht. Es gibt immer wieder unterschiedliche zeitliche, prioritäre und angstbedingte Faktoren, die den Grund von Prokrastination beeinflussen. Oder anders Prokrastination ist nicht gleich Prokrastination. Ich muss immer wieder neu dagegen vorgehen und vielleicht musst auch du dich immer wieder aufs Neue kritisch beobachten, dein Verhalten analysieren und Maßnahmen gegen die Prokrastination ergreifen.

Ich hoffe, dieser Artikel konnte dir ein paar Impulse und Ideen geben, wie du immer wieder gegen Prokrastination vorgehen kannst. Teile deine Erfahrungen gerne in den Kommentaren!

Alles Liebe,

Kia



 

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