Komplexe für Selbstständige

von | 21.08.2021 | 0 Kommentare

Heute sprechen wir über Klischees über Autor*innen, über das Impostor-Syndrom, bei dem man sich trotz eigener Erfolge wie ein Hochstapler fühlt und darüber, was wir euch raten, wenn ihr Macken und schlechte Angewohnheiten aus eurem Leben werfen wollt.

Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von open.spotify.com zu laden.

Inhalt laden

Wir, das sind: Meddi Müller, der durch den heutigen Podcast erfahren hat, was das Impostor-Syndrom ist und dass er damit nicht allein ist.

Esther Bertram, die nicht nur über Autorenklischees, sondern auch aus dem Nähkästchen über ihre Musikkarriere spricht.

Catherine Strefford, die sich trotz dessen, dass sie den Tolino-Newcomer-Preis 2020 gewonnen hat, manchmal wie eine Betrügerin gefühlt hat, die den Preis zurückgeben muss.

Ich bin derzeit im Urlaub und daher habe ich euch etwas ganz Tolles vorbereitet das Ferienprogramm. Aber wem sag ich das? Heute ist die letzte Folge, denn vom 3. Juli bis zum 20. August habt ihr mich und tolle Gäste wie meine heutigen letzten Gäste Catherine Strefford, Meddi Müller und Esther Bertram gehört. Ab dem 30. August geht es dann wieder weiter wie bisher. Fangen wir an.

 

Klischees über Schriftsteller*innen

Kia Kahawa: Meddi, welches Klischee über Autorinnen und Autoren begegnet dir am häufigsten und trifft es auf dich zu?

Meddi Müller: Tatsächlich ist der Mythos, die mir am meisten begegnet ist, dass alle Autorinnen nachts schreiben, warum auch immer. Scheinbar ist das irgendwie so ein romantisches Ding, das die alle denken. Wir sitzen in einem Turmzimmer und verqualmt und schreiben in die Nacht hinein, während draußen die Eulen pfeifen, haben wir drinnen unsere mechanische Schreibmaschine und tippen unsere Geschichten rein. Das ist das, was mir am meisten begegnet. Nein, ich schreibe nicht nachts. Ich schreibe tagsüber. Denn nachts möchte ich schlafen.

Kia Kahawa: Dann würde ich mal Esther Bertram fragen, denn von ihr weiß ich, dass sie eine Abend- und Nachtarbeiterin ist. Esther, welche Klischees kennst du und treffen sie auf dich zu?

Esther Bertram: Ich denke, dass AutorInnen Klischee was am allerwenigsten auf mich zutrifft, ist das künstlerischen Genies. Der romantische Autor, der alleine in seinem stillen Kämmerlein sitzt und alle Texte aus sich selbst schöpft und vor sich hin schreibt und sich einschließt und dort irgendwie nur für sich ist und seine Texte kreiert. Das ist etwas, was auf mich auf gar keinen Fall zutrifft. Einerseits, weil ich mir sehr viel Inspiration aus unterschiedlichen Medien ziehe, die ich konsumiere. Das können Serien sein, das kann Musik sein. Bei mir sind es oft Liedtexte. Es können auch klassische Stücke sein, wo ich irgendwie eine Assoziation zu habe und denke Mensch! Dazu kann ich schreiben. Viel Soundtrack, Filmmusik, das können Comics sein, andere Bücher. Das kann ein Theaterstück sein, was ich gesehen habe. Solche Dinge, also alles Mögliche. Und oft ziehe ich dort eben meine Inspirationen raus. Jahre später, nachdem ich es konsumiert habe. Und dann stelle ich dann doch wieder fest, Ah ja, da kommt es her. Richtig. Dann erkenne ich es wieder. Obwohl es schon lange, lange Zeit her ist, seit ich da das letzte Mal dieses bestimmte Medium vor mir hatte. Und andererseits sind es bei mir eben aber auch ganz viele Personen, aus denen ich Inspirationen ziehe. Ich schreibe nicht unbedingt Leute in meine Texte rein. Das habe ich bisher mit einer Ausnahme noch gar nicht gemacht. Also darum geht’s mir nicht. Nicht, dass ich jetzt jemanden treffe und denke, Boah, du musst jetzt bei mir Romanfigur werden, sondern mehr, das sind dann bestimmte Eigenheiten, bestimmte Charakterzüge, bestimmte Merkmale, äußere, die ich dann verwende, oder Gespräche, die ich irgendwo höre, wenn ich unterwegs bin. Situationen, die ich mitbekomme. Daraus ziehe ich sehr viel Inspiration und die fließen oft in meine Texte ein.

Und das heißt, dass aus mir selbst schaffen. Gibt es in dieser Form für mich nicht. Und das andere, wo ich denke, was auf jeden Fall dazugehört zum AutorInnnen-Leben ist, das nach außen gehen und sich mit Leuten vernetzen. Sowohl auf einer professionellen Ebene in der Buch Bubble mit anderen AutorInnen, mit BloggerInnen, mit der Verlagsbranche. Das ist meines Erachtens nach unerlässlich. Und andererseits gehört für mich aber auch das soziale Netzwerk dazu. Die Leute in meiner unmittelbaren Umgebung, die ich oft mit einbeziehe, wenn ich Ideen habe für Texte, für neue Projekte. Einige der interessantesten Projekte, die ich in den letzten Jahren gemacht habe, waren also crossmedial in irgendeiner Form, dass ich mit MusikerInnen zusammengearbeitet habe, mit Grafiker Innen und kleine und auch größere Sachen da auf die Beine gestellt habe. Und das finde ich unglaublich wichtig, dass dieses über den Tellerrand schauen da ist, dass es eben nicht das vereinsamte Genie in seinem stillen Kämmerlein ist, was keine Inspiration zieht, außer vielleicht aus einem Spaziergang in der Natur, was absolut legitim ist. Spaziergänge in der Natur finde ich auch sehr inspirierend, aber für mich gehört eben mehr dazu und es gehört auch mehr zum AutorInnen-Leben insgesamt dazu, als eben das reine Schreiben und Inspiration finden. Es gehört eben auch für mich dazu, dass insgesamt das Netzwerk da ist, wo man sich Rückmeldungen holt, wo man Unterstützung bekommt. Auch durchaus mal Kritik, konstruktive hoffentlich. Und das gilt eben für das soziale Netzwerk genauso. Mir ist es unglaublich wichtig, dass ich mein soziales Netzwerk pflege und auch immer mal wieder erweitere, um mit neuen Perspektiven auch neu auf meine eigenen Texte drauf schauen zu können.

Kia Kahawa: Vielen Dank für diese ausführliche Antwort. Das Klischee vom einsamen Autor im stillen Kämmerlein ist also definitiv ein total überholtes Klischee. Zumindest was die Gesamtheit der Autoren Tätigkeit angeht. Leute in Texte rein zu schreiben kenne ich genauso, wie du es beschreibst. Bestimmte Gespräche, Merkmale oder Eigenheiten. Die kommen definitiv auch bei mir in meine Texte rein. Meistens sogar unbeabsichtigt. Zuletzt hat mich so sehr inspirierten einfacher Morgen, an dem ich meine Wohnung aufgeräumt habe und dabei meine Papageien auf dem Kopf und auf der Schulter hatte bzw. beim Ausräumen der Geschirrspülmaschine. Da war ich so gebeugt, da hatte ich die Papageien auf dem Schulterblatt und da hab ich mich tatsächlich zum ersten Mal so ganz deutlich selbst inspiriert und würde das oder zumindest eine ähnliche Situation, also eine Papageien Person, die würde ich mal ganz gerne in ein Buch reinschreiben. Jetzt frage ich Catherine Strefford: Welches Klischee begegnet dir und trifft es auf dich zu?

Catherine Strefford: Ein Klischee ist ja, dass Autoren und Autorinnen leiden müssen, um gute Arbeit oder gute Werke schaffen zu können. Leiden im Sinne von am Hungertuch nagen oder in ganz ärmlichen Verhältnissen irgendwie in einer kleinen Bruchbude sitzen. Dem Klischee entspreche ich nicht und halte das auch für Unsinn, das man leiden muss, um gute Werke schaffen zu können. Es gibt natürlich ein paar Beispiele, die das irgendwie belegt haben, weswegen das auch immer wieder auftaucht. Aber ich glaube nicht, dass es notwendig ist, um wirklich etwas Gutes schreiben zu können.

Kia Kahawa: Oh ja, also gerade nicht nur das mit dem Leiden, sondern das mit dem Geld. Das ist definitiv ein sehr häufig vorkommendes Klischee. Es gibt eigentlich kaum eine Autorin oder einen Autor, der nicht schon mal gefragt wurde, wie viel er oder sie verdient oder ob man davon leben kann. Ich hab da auch schon mehrere AutorInnen gehört oder auch in den sozialen Medien gelesen, die davon mehr oder minder genervt waren.

 

Impostor-Syndrom: Wenn du dich als Betrüger fühlst

Kia Kahawa: Was mich übrigens auch total nervt ist, dass Impostor-Syndrom, dass es mir im letzten Jahr leider sehr stark begegnet und es hat sich sogar bis in den März 2021 gezogen. Und wer nicht weiß, was das Imposter-Syndrom ist. Das ist, wenn du bei einem Erfolg das Gefühl hast, dass du ein Betrüger bist. Dein Buch ist schlecht. Du hast den Verlagsvertrag nur erschlichen. In Wirklichkeit hast du null Talent und du hast es geschafft, alle Leute zu blenden, sodass sie glauben, du wärst ein echter Autor. So oder so ähnlich hat mir das die Arbeit an Band 2 der Logfiles-Trilogie massiv erschwert und auch meine Stimmung verdorben. Also ich war nicht gut drauf, während ich geschrieben habe.. Cathy, ist dir das schon mal passiert? Hattest du das Impostor-Syndrom?

Catherine Strefford: Ja, der Impostor, der ist tatsächlich so ein Blödmann, der hier immer wieder auftaucht. Am heftigsten hatte ich das wohl im letzten Jahr, als ich den ersten Platz beim Tolino Media Newcomers Preis gemacht habe, wo ich tatsächlich auch heute manchmal noch damit rechne, dass demnächst jemand an der Tür klingelt und sagt: “Sorry,! Wir haben uns vertan. Der Preis war gar nicht für dich.”. Ich kämpfe immer wieder damit, das Gefühl zu haben, dass ich etwas nicht verdient habe, obwohl ich hart dafür gearbeitet habe. Ich hab da leider auch noch kein Heilmittel für gefunden. Da muss man glaube ich einfach durch und sich positive Stimmen suchen. Von Freunden oder Familie, die diese Impostor-Stimme übertönen und auf Dinge hinweisen, die eigentlich logisch sind, weil man sie selber weiß, aber die man dann immer ganz gut ausblendet, wenn diese Impostor- Stimme so laut wird. Di einfach sagen, was man geschafft hat und was man dafür getan hat. Und dass man gute Arbeit macht, wenn man selber manchmal irgendwie das vergisst. Warum auch immer.

Kia Kahawa: Danke dir. Ich finde es gut und stark, dass wir das thematisieren. Esther, hast du das Impostor-Syndrom auch schon mal am eigenen Leib erlebt?

Esther Bertram: Tatsächlich kenne ich das Impostor-Syndrom als wiederkehrendes Problem bei mir selbst ziemlich gut. Das betrifft allerdings weniger das Schreiben und mehr das Singen bei mir. Beim Schreiben ist es so, dass ich den Eindruck habe, ich habe Literatur studiert. Ich habe mich damit mehrere Jahre fachlich auseinandergesetzt. Ich kenne meine Fachbegriffe. Ich kenne die Geschichte, zumindest zu teilen. Ich habe Texte analysiert und auseinandergenommen. Ich weiß, wie ich professionell mit Texten arbeiten kann, wie ich damit umgehen kann. Deswegen ist es ok. Ich darf mich Autorin nennen. Das gilt für mich. Ich finde absolut nicht, dass man in irgendeiner Form Literatur studiert haben muss, um eine gute Autorin oder ein guter Autor zu sein. Das ist die Rechtfertigung vor mir selbst an dieser Stelle, die relativ gut funktioniert, wo ich sagen kann, okay, alles klar. Also Autorin darf ich mich nennen. Das ist beim Gesang anders. Gesang hab ich nie studiert. Ich komme eigentlich aus den Sprachwissenschaften. Das heißt, ich habe Bühnensprechen, Rhetorik, Gesprächsführung, so was als Inhalte im Studium gehabt und eben auch die Sprechkunst und die Fachdidaktik. Die Gesangsausbildung ist eine private, wo ich auch entsprechend Fortbildungen mache und gemacht habe, schon seit vielen Jahren, wo ich auch professionell umgehe, womit ich natürlich auch mein Geld verdiene. Und trotzdem stehe ich regelmäßig vor der Frage: Darf ich das? Bin ich eigentlich Sängerin? Darf ich mich überhaupt Künstlerin nennen? Denn vom Schreiben kann ich nicht leben und Gesang hab ich nicht studiert. Also bin ich eigentlich Künstlerin? Das ist eine Frage, die ich mir immer noch stelle. Das ist besser geworden, seitdem ich wirklich als freiberufliche Künstlerin offiziell unterwegs bin. Aber es ist immer noch so, dass ich mich zwischendurch frage: Bin ich eigentlich Musikerin? Das habe ich ja gar nicht studiert.

Und das ist was, was mich auch immer wieder raus reißt aus Arbeitsprozessen, aus dem Workflow, wo ich mich immer wieder mit auch aktiv auseinandersetzen muss, dass ich sage, es ist in Ordnung. Ich habe die fachliche Kompetenz, auch mit Gesangsstimme umzugehen, nicht nur mit Sprechstimmen. Ich weiß, wovon ich spreche, ich weiß, was ich tue, und das wird mir auch gespiegelt. Auch in KollegInnenkreisen wird mir gespiegelt, dass das völlig in Ordnung ist und fachlich richtig, was ich tue. Und auch wenn ich auf der Bühne stehe, ich weiß, wie ich singe. Und trotzdem ist es immer wieder etwas, was ich hinterfrage, weil ich eben für mich selbst keinen Schein erworben habe, auf dem draufsteht: Ich kann singen! Und das ist etwas, womit ich mich immer noch, immer wieder auseinandersetzen muss. Was ich aber in meinem Umfeld, selbst bei den studierten MusikerInnen und auch bei vielen anderen KünstlerInnen, mit denen ich zu tun habe, immer wieder feststelle, dass das immer wieder dieses Gefühl kommt von naja, ich habe das zwar studiert, aber kann ich das eigentlich wirklich, oder? Ja, also jetzt habe ich hier ein Stipendium bekommen, aber eigentlich habe ich das ja gar nicht verdient. Das ist etwas, womit sich, glaube ich, gerade Leute im kreativen Bereich immer wieder auseinandersetzen müssen, wo wir immer wieder drauf stoßen werden von uns aus, im Laufe unseres künstlerischen Wirkens, im Laufe unseres Lebens. Und da muss man irgendwann für sich selbst einen souveränen Umgang mitentwickeln. Und ich hoffe, dass ich da auf einem guten Weg bin.

Kia Kahawa: Du siehst dein Studium also als eine Art Fallschirm, der dir bei Erfolgen die Sicherheit gibt, dass du nicht plötzlich auf den Boden aufschlägst. Oder wie bei Katy, dass sich jemand mit einer Preisverleihung vertan hat und plötzlich klingelt und sagt: Hey, gib mal zurück! Was du über den Gesang und deine Impostor-Erfahrung sagst, also was du über Esther, die Musikerin, sagst, das kann ich total nachvollziehen. Als ich mit meinem Musikstudium angefangen habe, hab ich immer wieder gemerkt, dass alle anderen weiter und besser sind als ich. Und ich hatte echt das Gefühl, dass ich mir das Musikstudium nur erschlichen habe. Also selbst wenn du etwas studiert hast und quasi irgendwie so eine Art Schein mit der Aufschrift “Ich bin Musikerin”, wenn du das hast, dann kommt einem das Impostor-Syndrom trotzdem in die Quere. Je nach Situation und je nach Typ natürlich. Ich hab dann übrigens irgendwann, als ich das Musikstudium abgebrochen habe, für mich verstanden, dass ich einfach eine andere Art von Musikerin bin. Ich bin, was das angeht, sehr theoretisch. Ich komponiere, ich schreibe Musik und teste und setze die Noten ganz genau irgendwo hin. Auf der anderen Seite ist so Improvisieren, konzertante Auftritte oder eine Jam Session für mich einfach nur Druck und Stress. Und ich glaube, dass dieser kleine Musik-Ausflug auch für viele AutorInnen relevant ist. Denn es gibt Personen, die z.B. nicht gut mit Lesungen sind oder die gar nicht vorlesen wollen, die sich als Person nicht vermarkten wollen, die kein Social Media machen wollen. Dadurch sind sie keine schlechteren AutorInnen. Manche schreiben vielleicht gar keine Bücher, sondern sind mit Drehbüchern viel besser aufgehoben. Manche sind vielleicht eher am Konzipieren und Plotten und können die Geschichte sehr, sehr gut, aber nicht so schön schreiben. Dann brauchen die im Lektorat einfach mehr Hilfe in Richtung Stil. Es darf alles sein. Und das ist auch mein Satz, um mir das Impostor-Syndrom auszutreiben. Es darf alles sein. Vielleicht hilft dir das ja, wenn du dir diesen Satz selber mal ab und zu sagst. Kommen wir zu Meddi Müller. Meddi, darf bei dir alles sein? Oder hast du schon mal das Impostor-Syndrom erlebt?

Meddi Müller: Ja, ich kenne das Syndrom, obwohl ich nicht wusste, wie es heißt. Vielen Dank dafür, dass ich das jetzt weiß. Aber das geht mir ständig so, dass ich denke “Oh mein Gott, was hast du denn da geschrieben? Was soll das denn lesen?” Keine Ahnung, wo das herkommt. Ich bin doch immer ganz verwundert, wenn jemand sagt, dass ihm meine Bücher oder Geschichten gefallen. Ich kann da irgendwie so nicht mit umgehen, weil irgendwie als Autor hast du immer das Gefühl, es geht besser, es geht besser, es geht besser. Aber das ist letztendlich auch das, was dich antreibt. Also ist es gar nicht so schlecht. Wobei es schon irgendwie ein bisschen naja, es hat was von Selbstgeißelung oder so. Oder man kann sich nicht vorstellen, dass irgendjemand das gerne lesen möchte oder sowas. Ganz komisch. Aber es gibt und das habe ich. Und aber ich finde es auch gut, weil dann bleibt man demütig.

Kia Kahawa: Es hat etwas von Selbstgeißelung. Ja, total wichtig ist nur, dass wir das Impostor-Syndrom einkesseln oder eindämmen können, sodass wir in gesundem Maße kritisch und demütig bleiben, uns aber nicht das Selbstvertrauen wegnehmen, das wir dringend benötigen.

 

Macken und Angewohnheiten von Schriftstellern

Kia Kahawa: Das führt mich zu meiner letzten Frage an euch, nämlich Macken und Angewohnheiten von Schriftstellern. Was würdest du anderen Schriftstellerinnen raten, wenn sie sich eine schlechte Angewohnheit abtrainieren wollen? Esther?

Esther Bertram: Schlechte Angewohnheiten, die ich mir tatsächlich abtrainieren kann, also solche, die nicht inhärent zu mir gehören. Da ist für mich der Schlüssel eine Mischung aus Disziplin und Nachsicht mit mir selbst. Wenn ich eine Gewohnheit in Angriff nehmen möchte. Sie zu verändern. Entweder, weil ich mir etwas Neues antrainieren möchte oder etwas abtrainieren will. Das ist etwas, was ich relativ stark plane. Ich mache mir vorher einen Plan mit Zielen, was möchte ich schaffen und schaffe dafür Räume und zwar in meinem Terminkalender und bei mir im Kopf. Das heißt, ich versuche das gar nicht erst in Phasen, in denen ich sowieso schon viel Stress habe. Das sind oft die Phasen, in denen mir persönlich meine schlechten Angewohnheiten besonders negativ auffallen. Aber meine Erfahrung ist in solchen Phasen zu versuchen, mein Verhalten zu verändern, führt zu noch mehr Druck und noch mehr Stress. Weil ich nicht die innere Flexibilität besitze, darauf zu achten, was ich wirklich tue. Das versuche ich eher in Phasen zu legen, wo ich ein bisschen mehr Ruhe habe, wo ich den Stress ein bisschen besser steuern kann, wo ich weiß, es stehen keine großen Projekte an. Es gibt keine Textabgaben. Es ist nicht gerade Steuererklärung angesagt oder solche Sachen. Ich habe kein Familiendrama zu erwarten. Oder es sind mir jetzt gerade die Hochzeit meines besten Freundes geplant, wo ich als Trauzeugin vor Ort sein muss, sondern Phasen, wo ich weiß, okay, es ist einigermaßen ruhig, da kann ich für mich persönlich anfangen, mit Abstand auf meine Gewohnheiten drauf zu schauen und zu entscheiden, möchte ich mich damit beschäftigen? Möchte ich versuchen, etwas abzulegen? Und wenn ja, dann ist das ein guter Zeitpunkt, um es zu versuchen. Und dann ist das Stichwort tatsächlich das Abtrainieren. Und beim Training ist das Stichwort Disziplin, dass ich wirklich versuche, jeden Tag daran zu denken, dass ich mir einen Zeitplan mache, dass ich mir auch beispielsweise ein Tagebuch führe, wo ich oder einen Notizzettel, wo ich wirklich aufschreibe. Das habe ich heute geschafft, am Ende jeden Tages. Und dass ich das Ganze versuche, so auch zu objektivieren. Denn ich kenne das von mir, dass ich bei schlechten Angewohnheiten sehr schnell negativ emotional werde, weil ich immer denke “Das muss doch”, “Und ich bin so genervt davon”, dass ich wirklich versuche, das Ganze objektiv niederzuschreiben, festzuhalten in einer Notiz App und am nächsten Tag lösche ich es wieder. Sondern das irgendwo festzuhalten und dann auch mit Leuten drüber zu sprechen, ihnen von meinem Vorhaben zu erzählen und dann währenddessen auch meinen Prozess mit ihnen abzusprechen. Und dann ist es für mich super wichtig, dass ich Nachsicht mit mir selbst habe, weil eben nicht jeder Tag gleich ist. Nicht jeden Tag habe ich die gleichen Kapazitäten. Es ist manchmal ist es stressiger, manchmal ist es weniger stressig. Es passieren unvorhergesehene Dinge und dann brauche ich für mich selbst die Sicherheit zu sagen “Okay, heute geht es nicht so, wie ich es mir vorgenommen habe.”. Und das ist okay. Das ist etwas, womit ich immer wieder sehr große Probleme habe, dass ich wirklich mich daran erinnern muss, es ist in Ordnung, wenn es heute mal nicht so gut läuft. Und dann aber eben selbst wenn es zwei oder drei Tage hintereinander sind, an denen es nicht gut läuft. Das passiert manchmal. Und das ist vollkommen normal. Dann diese Disziplin zu haben, zu sagen “Ich kehre jetzt dahin zurück” und da hilft es mir dann eben besonders, wenn ich weiß, ich habe Leuten davon erzählt und die Fragen im besten Falle auch zwischendurch nochmal nach. Also ich bin persönlichen Typ. Mir hilft das. Und so ein bisschen sozialen Druck, ohne dass das sofort in ein “Ich muss das jetzt” ausartet, sondern mehr so ein Okay. Wie ist eigentlich mein Prozess? Wo bin ich gerade? Wo? Wie weit bin ich? Wie ist mein Fortschritt? Das ist das, was mir hilft. Angewohnheiten, die ich loswerden möchte oder eben auch neue Angewohnheiten, die ich gerne annehmen will, in Angriff zu nehmen.

Kia Kahawa: Hach, eine Seelenverwandte! Das Thema Gewohnheiten verfolgt mich seit Jahren und seit wenigen Monaten nehme ich auch verschiedene Gewohnheiten immer mehr in den Fokus und arbeite an mir und scheitere viel und fange neu an und scheitere und fange neu an. Vieles ist echt schwer zu trainieren. Ich kann nur sagen, ein Tagebuch zu führen kann ich jedem wärmstens empfehlen. Für mich ist das das wichtigste Werkzeug, um schlechte Angewohnheiten nachhaltig mit besseren Gewohnheiten zu überschreiben oder zu ersetzen. Und dieses Scheitern und neu anfangen, das ist auch ein Tipp von mir vor euch. Traut euch immer wieder neu anzufangen, wenn ihr scheitert, fangt neu an und wenn ihr zum zehnten Mal scheitert, fangt zum 11. Mal neu an! Katy, was sagst du dazu? Was empfiehlst du anderen, um schlechte Gewohnheiten abzutrainieren?

Catherine Strefford: Es kommt dann natürlich sehr stark darauf an, was für eine Angewohnheit man sich abgewöhnen möchte. Grundsätzlich dauert es ungefähr 66 Tage, bis man eine neue Gewohnheit sich angeeignet hat. Das heißt, man sollte versuchen, die schlechte Gewohnheit durch eine neue, bessere Gewohnheit auszutauschen und muss dafür Regelmäßigkeit und Geduld mitbringen. Weil eine Angewohnheit, die man vielleicht schon viele, viele Jahre mit sich herumschleppen, würde man nicht von heute auf morgen los. Egal wie schlecht sie sein mag. Und dann ist es, glaube ich noch wichtig, dass man ein gutes Cheerleader Team im Hintergrund hat. Also Leute, die einen an den Tagen, an denen man eben keine Motivation und kein Ehrgeiz aufbringen kann, einem helfen, diesen wiederzufinden und sich zu erinnern, warum man diese Aufgabe sich eine bessere Angewohnheit anzueignen, auferlegt hat.

Kia Kahawa: Okay. Sozialer Druck wie von Esther erwähnt oder ein Cheerleader Team wie du sagst, scheint echt sinnvoll zu sein. Das hab ich noch nicht ausprobiert. Vielleicht ändere ich das mal. Was sagst du dazu, Meddi? Was rätst du anderen, die sich eine Macke oder Gewohnheit abgewöhnen wollen?

 Meddi Müller: Das ist verdammt schwierig. Also da erst mal muss man ja die Macken und Lücken erkennen, die man hat und dann muss man da einfach dran arbeiten. Dann musst du eine unglaubliche Disziplin aufbringen, um das wegzubringen. Also manchmal weiß man ja auch gar nicht mehr für Macken hat, dann müssen erst andere einem sagen, was für eine Macke hat. Also sollte man dann schon erst auf sein Umfeld hören. Wenn jemand ehrlich zu einem ist. Man sollte sich natürlich immer nur mit ehrlichen Leuten umgeben, die einen sagen “Hey, du hast das und das Problem” und dann muss man da einfach dran arbeiten. Da muss man Selbstdisziplin aufbringen und muss das einfach abschalten. Man muss es erkennen, dass es ein Problem ist, dass es mich stört in meiner Arbeit, dass es mich stört in meinem Weiterkommen. Und dann muss man das akzeptieren und dann muss man das einfach abstellen. Hört sich einfach an, aber das ist ein Prozess. Also man entwickelt sich ja immer weiter und dann muss man einfach immer dranbleiben, sich immer bewusst machen. Meinetwegen kann man sich das auch an die Wand tackern, mit irgendeinem Spruch oder mit irgendwem Post-it, einfach zu sagen hier macht das und das nicht mehr oder ändert das oder dies, das ist vielleicht eine Möglichkeit, dass man sich das immer wieder vorhält, dass man es nicht vergisst. Einfach. Also das wäre so ein Tipp, den ich geben könnte. Ansonsten ist das nur über Zeit und Geduld und Disziplin zu erreichen.

Kia Kahawa: Vielen Dank für deine Antwort. Ich denke, das Fazit dieser Folge lautet, dass wir alle an uns arbeiten können und sollen. Dass jeder Autor und jede Autorin gewisse Komplexe hat. Die einen können wir behalten, die anderen müssen wir im Zaum halten, die nächsten können wir uns mit Zeit, Geduld und Disziplin, wie Meddi sagt, abgewöhnen. Damit sind wir am Ende dieser Folge angelangt und ich bedanke mich ganz herzlich bei Esther Bertram, Meddi Müller und Catherine Strefford für die Antworten in dieser Auto(r)preneur-Folge! Ja, und das war das Sommerferien Programm. Wir haben den 20. August und nächstes Mal am 30. August geht es wieder weiter. Und zwar wieder mit mir im Soloprogramm und meinen BTB Themen, mein Business Themen, Zeitplanung usw.. Lasst euch überraschen.

Jetzt zu euch, liebe Leser*innen: Wenn euch dieses Format gefällt, lasst uns einen Kommentar da, ein Herzchen, stellt Fragen und teilt diesen Podcast in dem sozialen Medium deiner Wahl. Den Auto(r)preneur-Podcast gibt es drei Mal im Monat. Jeweils am 10., am 20. Und am 30. Tag des Monats. Findest du das cool, dann unterstützte mich jetzt auf meiner

 

In dieser Folge erwähnt:

Impostor-Syndrom

Tolino-Newcomer-Preis

Logfiles-Trilogie

 

In dieser Folge mit dabei:

Catherine Strefford

Website: https://autorin.catherine-strefford.de/

Twitter: @CatStreff

Instagram: catherine.strefford

 

Esther Bertram

Twitter:  @inky_feathers

Instagram: @rabenfedern

 

Meddi Müller

Website: http://www.meddimueller.de/

Twitter: @MuellerMeddi

Instagram: @meddi_muller

 

 

Unterstütze Auto(r)preneur bei Patreon!

 



Der Auto(r)preneur-Podcast:

Jeden Monat am 10., 20. und 30. veröffentliche ich eine neue Episode des Auto(r)preneur-Podcasts. Ich spreche über meine persönlichen Erfahrungen und Erkenntnisse, die mit wichtigen Business-Themen zu tun haben, die für buchnahe Selbstständige relevant sein könnten. Bei Auto(r)preneur wirst du nicht mit Weisheit überschüttet, sondern sitzt mit mir im selben Boot.

Kannst du die nächste Folge nicht erwarten? Werde Mitglied auf meiner Patreon-Seite und höre die nächste Folge schon heute!

0 Kommentare

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert