Das Zuflussprinzip nach § 11 EStG

von | Mai 31, 2023 | Autoren an die Steuer | 6 Kommentare

Wenn du als Autorin oder Autor Geld einnimmst, musst du dieses in der Steuererklärung angeben. Was du im August 2022 eingenommen hast, wird in der Steuererklärung für 2022 berücksichtigt – ist doch klar. Doch was ist mit Einnahmen, die im Januar 2023 auf dem Konto eingehen, deren Rechnung aber bereits im Dezember des Vorjahres gestellt wurde? Was ist mit regelmäßigen Zahlungen? Für all das gibt es Regelungen für die Vereinnahmung und Verausgabung. Zum Beispiel das Zuflussprinzip.

Das Zuflussprinzip für Freiberufe

Prinzipiell gilt für Freiberufler im Rahmen des Zuflussprinzips, die sogenannte 4/3-Rechnung anfertigen, dass im zu veranlagenden Wirtschaftsjahr (bei uns gleichbedeutend mit Kalenderjahr) die Einnahmen und Ausgaben berücksichtigt werden, die in diesem Zeitraum zu- oder abgeflossen sind. Es geht dabei um den Eingang vom Geld auf dem Konto oder Scheinen auf der baren Hand – ganz im Gegensatz zu den Bilanzierern.

Ein Ausflug zu den Kaufleuten und Bilanzierern

Wenn du die sogenannte doppelte Buchführung anfertigst, wird eine OPOS-Buchhaltung erstellt. Dabei werden offene Posten berücksichtigt. Rechnungen werden bereits beim Eingang erfasst und als Verbindlichkeit berücksichtigt. Stellst du eine Rechnung aus, gilt die Forderung als in dem Monat zu berücksichtigen, in dem die Rechnung an den Kunden gestellt wird. Wann das Geld eingeht, ist für die Steuererklärung dabei zunächst irrelevant. Forderungsverluste und Überträge vom alten zum neuen Kalenderjahr werden im Jahresabschluss berücksichtigt. Hier gibt es kein Zuflussprinzip!

Regelmäßig wiederkehrende Einnahmen und Ausgaben, die dir kurze Zeit vor oder nach Beendigung des Kalenderjahres, zu dem sie wirtschaftlich gehören, zugeflossen und auch fällig sind, gelten als in dem Kalenderjahr bezogen, zu dem sie wirtschaftlich gehören. Das nennt man auch das Zurechnungsprinzip.

Prüfe deine Einnahmen und Ausgaben auf folgende Tatbestandsmerkmale. Alle müssen erfüllt sein, damit die Ausnahmen vom Zuflussprinzip in Kraft treten:

  • regelmäßig wiederkehrend? (jährlich, quartalsweise, monatlich, wöchentlich)
  • wirtschaftliche Zugehörigkeit? (Vorjahr, Folgejahr)
  • Fälligkeit (Vorjahr, Folgejahr)
  • Kurz vor oder nach Beendigung des Kalenderjahrs (10-Tages-Frist)

Erhältst du beispielsweise monatlich zum dritten des Monats deine Tantiemen vom Distributor als Selfpublisher, gehören die Einnahmen vom 03.01.2023 gemäß § 11 EStG zum Kalenderjahr 2022. Denn die Tantiemen gehören zum November (oder Oktober) 2022, sie sind innerhalb der 10-Tages-Frist (sprich: vor dem 10. Januar 2023) fällig und werden zudem auch noch dann bezahlt.

Zahlt dein Distributor die Tantiemen nicht und du telefonierst hinterher, sodass sie erst am 12. Januar gezahlt werden, liegt dieser Termin außerhalb der 10-Tages-Frist und die Einnahmen gehören zum Kalenderjahr 2023.

Ein Beispiel für das Zuflussprinzip

Angenommen, du zahlst jährlich deine Berufshaftpflichtversicherung als Autor. Jedes Jahr am 08. Januar wird diese per Lastschrift von deinem Konto abgezogen. Sie ist zum selben Datum fällig und alles passt. Aber die Berufshaftpflicht zahlst du im Voraus: Das bedeutet, du zahlst nicht am 08. Januar 2023 deine Berufshaftpflicht für das vergangene Kalenderjahr 2022, sondern für das nun begonnene Kalenderjahr 2023. In dem Fall ist das Tatbestandsmerkmal der wirtschaftlichen Zugehörigkeit nicht erfüllt und diese Ausgabe gehört nicht in die Steuererklärung für 2022, obwohl sie innerhalb der 10-Tages-Frist liegt. Die Zahlung am 08. Januar 2022 hingegen gehört natürlich zu 2022.

Der Zuflussprinzip-Paragraph § 11 EStG hält noch Besonderheiten für Miete & Pacht für einen Nutzungszeitraum von über fünf Jahren, für Lohnsteuer und Arbeitslohn sowie Sonderregelungen für Disagio / Damnum bereit, was ich der Relevanz wegen in diesem Artikel vernachlässigt habe.

Auszug aus “Autoren an die Steuer”

Hier eine kurze Erklärung für dich, die so auch im Buch “Autoren an die Steuer” abgedruckt werden wird:

  • 11 EStG: Vereinnahmung und Verausgabung
  • (1) S. 1: Zuflussprinzip: Einnahmen gelten in dem Kalenderjahr als bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind.
  • (1) S. 2: Regelmäßige Einnahmen (Renten, Mieten, Zinsen) unterliegen der 10-Tages-Regel („Kurze Zeit“ = 10 Tage gem. BFH-Urteil) – Keine Verlängerung des Zeitraums, auch nicht bei Fristende an einem Samstag, Sonn- oder Feiertag.
  • (2) S. 1: Für Ausgaben gilt das Abflussprinzip. Abflussprinzip ~ Zuflussprinzip
  • (2) S. 2: siehe (1) S. 2, gilt auch für Ausgaben

 

Wenn du allerdings über längere Dauer nutzbare Wirtschaftsgüter anschaffst, gelten die Anschaffungskosten oder Herstellkosten von diesen abnutzbaren Wirtschaftsgütern natürlich als im Kalenderjahr der wirtschaftlichen Zugehörigkeit zugeordnet. Das kannst du auch dem Artikel über die lineare Abschreibung entnehmen, der auf diesem Blog erschienen ist.

Ist alles klar soweit? Wenn dir dieser Artikel über das Zuflussprinzip gefallen hat, lass’ mir einen Kommentar da oder beteilige dich in Form einer kleinen Spende daran, meinen Arbeitsaufwand für “Autoren an die Steuer” anzuerkennen. Ich freue mich über jede Form von Lob, Kritik und Anregung, also immer her damit 😉

Alles Liebe,

Kia



Die Artikel aus der Reihe “Autoren an der Steuer” wurden nicht von einem Steuerberater verfasst und ersetzen keine professionelle Beratung. Für individuelle Beratung suche bitte einen Steuerberater auf. Mein Ziel ist es lediglich, allgemeine Informationen auf dem Gebiet der Steuern für meine Leser bereitzustellen und insbesondere Autoren Hilfen zur Orientierung an die Hand zu geben. Alle Angaben ohne Gewähr.

Für Kreative gemacht: Kein Fachchinesisch

Speziell auf die Buchbranche zugeschnitten

Paragrafisch in leichtere Sprache übersetzt

Keine Vorkenntnisse nötig

Auch für nebenberuflich Selbstständige

Jedes Jahr eine aktuelle Version

Die Artikel aus der Reihe “Autoren an der Steuer” wurden nicht von einer professionellen Steuerberatung verfasst und ersetzen diese nicht. Wir übernehmen keine Gewährleistung dafür, dass die Angaben in diesem Artikel korrekt, vollständig und aktuell sind.
Unser Ziel ist es lediglich, allgemeine Informationen auf dem Gebiet der Steuern für unsere Leser bereitzustellen und insbesondere Autoren Hilfen zur Orientierung an die Hand zu geben.
Für eine individuelle Beratung wende dich bitte an einen professionellen Steuerberater.

6 Kommentare

  1. Michael

    Ein hilfreicher Beitrag, vielen Dank Kia!

    Eine Frage: Wie verhält es sich mit der wirtschaftlichen Zugehörigkeit, wenn Rechnung und Fälligkeit noch in 2017 sind, Zahlung erst Anfang 2018 UND der Leistungszeitraum sich aber über die Jahresgrenze erstreckt – beispielsweise vom 22.12.2017 bis 21.03.2018 ? Wirtschaftliche Zugehörigkeit zu 2017 oder 2018 ?

    Viele Grüße,
    Michael

    Antworten
    • Kia Kahawa

      Hi Michael,
      dann ist es das Jahr der Zahlung. Mit dem Jahreswechsel und der 10-Tages-Regel das gilt nur, wenn es sich um regelmäßig wiederkehrende Zahlungen handelt 🙂

      Antworten
      • Michael

        Hallo Kia,
        danke für Deine Antwort!
        Ich sehe gerade, bei meiner Anfrage hatte sich ein Vertipper eingeschlichen: Wie verhält es sich mit der wirtschaftlichen Zugehörigkeit, wenn Rechnung und Fälligkeit noch in 2017 sind, Zahlung erst Anfang 2018 UND der Leistungszeitraum sich aber über die Jahresgrenze erstreckt – beispielsweise vom 22.12.2017 bis 21.01.2018 und trotzdem monatlich (also regelmäßig) wiederkehrend ist?
        Viele Grüße, Michael

        Antworten
  2. Dr. Rudolf Stockerl

    Hallo Kia,

    ich schreibe seit dem Januar 2021 für einen Fachbuchverlag als Herausgeber und Autor einer Loseblattsammlung mit vierteljährlichen Ergänzungslieferungen. Vertragsunterzeichnung war der 30.11.2020.

    Nach vertraglicher Regelung “erfolgt die Honorarabrechnung und -zahlung zum 31.12. für das jeweils vorausgegangene Kalenderjahr” und “das Honorar ist spätestens 10 Wochen nach der Abrechnung zur Zahlung fällig”. Mein Honorar für das gesamte Jahr 2021 und damit mein erstes(!) Honorar habe ich bis dato 11. Januar 2022 noch nicht erhalten und darauf werde ich möglicherweise auch noch bis Mitte März 2022 warten müssen.

    Meine Frage:
    Gehe ich richtig, dass ich mich zu meinen Einkünften aus dieser Nebentätigkeit damit doch eigentlich erstmals erst für das Jahr 2022 beim Finanzamt erklären muss, denn in 2021 hatte ich ja dazu noch keinerlei Einnahmen?

    Viele Grüße
    Rudi

    Antworten
    • Kia Kahawa

      Guten Tag,

      wenn du in einem Jahr weder Einnahmen noch einen Beleg über Einnahmen hast, dann kannst du natürlich keine Einnahmen angeben 🙂

      Liebe Grüße

      Antworten

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert