Eine kurze Geschichte der Entscheidungsmüdigkeit

von | 31.08.2021 | 0 Kommentare

Unsere Entscheidungsfähigkeit ist wie eine Batterie, die sich in Ruhe- und Ablenkungsphasen auflädt und während wir Entscheidungen treffen, entlädt. Ist die Entscheidungs-Batterie nahezu leer, sprechen wir von Entscheidungsmüdigkeit. In diesem Artikel erkläre ich dir, wie wir Selbstständigen und Unternehmer*innen mit Entscheidungen im Alltag umgehen sollten.

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Kia im Ikea

Ich hasse einkaufen.

Denn Einkäufe jeder Art laugen mich total aus.

Egal, ob ich mich im Supermarkt entscheiden muss, ob ich statt der Karotten, die ich kaufen wollte, jetzt auf Pastinake oder Kürbis ausweiche, ob ich dafür gar nichts kaufe und meinen Speiseplan abändere, oder ob ich in einen weiteren Laden gehe, um Karotten zu finden, oder ob ich im Möbelhaus einfach nur von A nach B gehe – Ich kenne Entscheidungsmüdigkeit. Mein Gehirn zwingt mich zum Selbstschutz, und daher stoße ich Entscheidungen aller Art eigentlich am liebsten von mir.

Ikea arbeitet ganz bewusst mit diesem Phänomen. Der Rundgang durch die Möbelausstellung dauert eine Weile. Denn wir gehen ganze 3,5 Kilometer, wenn wir keine Abkürzungen nehmen. Wir werden quasi dazu gezwungen, viel zu viele Reize wahrzunehmen. Wir treffen dabei unheimlich viele Entscheidungen: Nicht nur bei den Produkten, die auf dem vorbildlich vorgeschriebenen Einkaufszettel stehen, sondern auch bei möglichen Ersatzprodukten. Passt das Möbelstück in die dafür vorgesehene Nische? Passt es farblich? Ist das andere Produkt besser? Welche Ordnung würde ich in dem Schränkchen vornehmen? Ist der Preis im Budget, oder baue ich mir den Schrank lieber selbst?

An der Stelle, an der die Entscheidungsbatterie tendenziell ausgelaugt ist, kommt man beim Rundgang durch die Möbelausstellung am Restaurant vorbei. Hier wird mit Ablenkung, Snacks und Pause die Entscheidungs-Energie aufgeladen, bevor wir in die Kleinteil-Hölle – äh, Halle – gehen und dort unsere frisch regenerierte Entscheidungsfähigkeit komplett auf Null runter-denken.

Was sagt uns das?

Je mehr Entscheidungen wir treffen, desto weniger Energie haben wir für weitere Entscheidungen.

Schlechte Entscheidungen – dazu gehören in der Regel auch spontane Impulskäufe – treffen wir am häufigsten, wenn unsere Batterie zur Neige geht. Das trifft nicht nur beim Einkaufen zu, sondern auch im Alltag. Warum sonst, glaubst du, starten viele Leute mit einem gesunden Frühstück und enden abends dann trotz aller guten Vorsätze doch mit Chips, Bier und Schokolade vor dem Fernseher?

 

Meine Tipps gegen Entscheidungsmüdigkeit

 

Genug ist genug.

Statt acht Stunden nach dem perfekten Messehotel zu suchen und sämtliche Bilder, Bewertungen und Websites zu vergleichen, reicht es oft aus, nach der Good-Enough-Methode vorzugehen. Hast du vier Kriterien, auf die das Hotel passen muss? Dann such nur so lange, bis du eines oder vielleicht zwei davon gefunden hast und vergleiche die beiden nach den vorher festgelegten Kriterien. So kannst du eine Unterkunft auch in einer halben Stunde finden.

 

Vertage Entscheidungen

Gerade, wenn abends eine Katastrophe passiert, ist nicht der richtige Zeitpunkt für Entscheidungen. Gerade Entscheidungen mit Tragweite und alles, was schwerwiegend ist, solltest du auf den nächsten Tag verlegen.

 

Entscheidungen vorbereiten

Entscheidungen sind Aufgaben. Schreib sie auf die To-Do-Liste. Kannst du morgen früh entscheiden, ob du das XY-Seminar buchst? Oder willst du vorher noch wissen, wer die Dozentin ist, wie teuer das Seminar des Wettbewerbers ist und wie lange die Fahrt zum Veranstaltungsort dauert – und ob es eine online stattfindende Alternative gibt? Schreib auch diese Recherchen auf die To-Do-Liste. Und zwar nicht unmittelbar vor der Entscheidung selbst. Du solltest die reine Entscheidung – also das bloße „Ja“ oder „Nein“, das „A“, „B“ oder „C“ isoliert als Aufgabe betrachten. Schreibe dir heute die To-Do-Liste, recherchiere morgen, schlaf eine Nacht drüber und dann entscheide am nächsten Tag.

 

Entscheidungen delegieren

Gerade, wenn eine Angelegenheit nicht so wichtig ist, dass eine möglicherweise falsche Entscheidung keine schweren Konsequenzen hat, dann delegier die Entscheidung doch einfach. Wenn du jemanden beauftragst, einen Flyer für dich zu drucken und es darum geht, ob du das 135-Gramm-Papier mit UV-Lack oder in glänzend ohne Lack nehmen möchtest, oder ob es um den Vergleich von 135-Gramm-Papier und 150-Gramm-Papier geht – willst du dich wirklich mit solchem Kleinkram aufhalten? Niemand wird später den Flyer in den Händen halten und sagen: „Also 15 Gramm mehr Papiergewicht wären doch wohl schon drin gewesen, oder? Was für ein Schrott!“. Solche Entscheidungen überlasse ich anderen und lege einfach nur Rahmen („Kein Bibelpapier, zu dünn“ und „keine Gravur auf Bambusholz, zu teuer“) fest.

 

Gewohnheiten

Hast du heute morgen Zeit damit verbracht und Entscheidungsenergie verbraten, weil du überlegen und entscheiden musstest, ob du zuerst den rechten oder den linken Schuh anziehst? Nein?

Du hast eine Gewohnheit. Eine Menge sogar. Das tägliche Zähneputzen ist ebenso eine Gewohnheit wie der Fuß, den du als erstes auf die erste Treppenstufe setzt. Ich habe mir einige Aufgaben zu Gewohnheiten gemacht. Zum Beispiel alles, was mit E-Mails, Briefen, Papier einscannen und physischer sowie digitaler Ablage zu tun hat. Das bewahrt dich davor, Entscheidungen zu treffen.

 

Grundsatzentscheidungen

Entscheide dich, eine Entscheidung zu treffen! Entscheidungsmüdigkeit kannst du vermeiden, indem du Grundsatzentscheidungen triffst, die allgemeingültig für alle nachfolgenden Handlungen sind.

Bei mir ist es die Frage: „Würde ich es in fünf Jahren bereuen, wenn ich X nicht tue?“. Wenn die Antwort „ja“ ist, gibt’s nichts mehr zu entscheiden, zu überlegen und abzuwägen. Ich mache es. Punkt.

Genau so ist es beim Thema Ernährung. Wenn du abnehmen möchtest und du in die Chips-vor-dem-Fernseher-Falle tappst, weil deine Entscheidungsenergie abends keine klugen Entscheidungen mehr zulässt, dann triff eine Grundsatzentscheidung, die immer gilt. Du kannst dir vornehmen, keine industriell verarbeiteten Produkte zu essen. Du kannst dir vornehmen, vor dem Fernseher nie wieder etwas zu essen. Du kannst dir vornehmen, ab 19 Uhr gar nichts mehr zu essen. Es gibt viele Möglichkeiten. Wichtig ist nur, dass du eine Entscheidung triffst. Und das sollte eher eine kluge Grundsatzentscheidung sein, die die vielen fiesen kleinen Entscheidungen bei hoher Entscheidungsmüdigkeit redundant macht.

Alles Liebe,

Kia



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