Flow & Konzentration

von | 11.08.2021 | 0 Kommentare

Heute sprechen wir über den Schreibflow, Konzentration und darüber, dass unser Beruf irgendwo auch unser Hobby ist.

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Wir, das sind:

Esther Bertram, Nachtarbeiterin, die während des Schreibflows auch mal vergisst, etwas zu essen.

Michael Leuchtenberger, der lieber früh morgens arbeitet und einfach auch mal im Flow eine Rohfassung per Hand schreibt.

Michael Hirtzy, der mit der richtigen Playlist in sein Manuskript und somit in den Schreibflow gesogen wird.

Ich bin derzeit im Urlaub, und daher habe ich euch etwas ganz tolles vorbereitet: Das Ferienprogramm! Vom 3. Juli bis zum 20. August hört ihr mich und tolle Gäste wie Michael Hirtzy, Michael Leuchtenberger und Esther Berthram! Ab dem 30. August geht es dann wieder weiter wie bisher.

 

Unsere Flow-Erfahrungen

Kia Kahawa: Unter Flow verstehen wir den Zustand, in dem man alles um sich herum vergisst. Das Buch schreibt sich quasi von selbst, während der Autor oder die Autorin selbst nur dekorativ am Schreibtisch sitzt. Diesem Schreibflow möchte ich mit euch jetzt auf den Grund gehen. Esther, kennst du den Schreibflow und schreibst du regelmäßig im Flow?

Esther Bertram: Ich kenne den Zustand des Schreibflusses ziemlich gut. Viele meiner Manuskripte. Wenn ich den ersten Entwurf schreibe, schreibe ich in so einem Schreibflow. Und das bedeutet dann für mich, morgens mit irgendeiner Idee, die ich meistens geträumt habe, aufzustehen. Und bevor ich es vergessen habe, das heißt, bevor ich irgendetwas anderes mache, setze ich mich hin und schreibe das auf. Und das hat dann oft zur Folge, dass ich da einfach alles um mich herum vergesse. Ich mache mir dann vielleicht mal eine Kanne Tee, Thermoskanne, stelle mir die auf den Schreibtisch oder auf dem Küchentisch. Ich schreibe sehr gerne in der Küche und bleibe dann einfach sitzen und bin im Tunnel. Und dann bleibt auch alles liegen. Haushalt bleibt liegen. To-Dos bleiben liegen. Meistens vergesse ich auch zu essen. Irgendwann habe ich dann so ein Hunger, dass ich mir dann doch mal ganz schnell was zwischen die Kiemen schieben muss, damit ich irgendwie weitermachen kann. Aber ich halte das relativ lange durch, auch über einen ganzen Tag. Und abends gucke ich auf die Uhr und stelle fest, es ist 20.30 oder 21.30 Uhr. Und ich habe irgendwie über den ganzen Tag nicht richtig was gegessen, war nicht draußen. Dann zwinge ich mich meistens rauszugehen, eine Runde spazieren zu gehen und mir dann auch oft was zu kochen. Irgendwas Kleines. Und dann setze ich mich nochmal hin. Ich bin sehr ausgeprägt. Eine Nacht Arbeiterinnen. Ich habe meine kreativsten Phasen zwischen 9 oder 10 Uhr abends und halb zwei ungefähr. Und wenn ich wirklich in so Schreibphasen bin, für die ich mir dann oft Zeit nehme, ist es dann auch eine Zeit, wo ich ganz regulär. Das ist für mich ganz regulär Arbeitszeit. Und das sind auch Zeiten, in die ich gut in den Schreibfluss reinkomme. Früher war es tatsächlich so, dass ich, wenn ich in diesem Tunnel drin war, das immer über Tage gemacht habe, manchmal über Wochen, dass ich wirklich auch nicht richtig ansprechbar war, für niemanden zu erreichen und ich auch nur so in den Schreibflow gekommen bin. Inzwischen kann ich das auch stundenweise oder mal für einen Nachmittag. Und ich erkenne das sehr schnell, dass für mich Texte einen Sog entwickeln und zwar so stark, dass ich dann komplett drin bin, die Zeit vergesse und die Menschen um mich herum komplett ausblende. Und in meinem Text, in meinen Textwelten, versinke und dem dann auch gerne folge, dem Kaninchen ins Kaninchenloch und dann gerne dort hinterher springe.

Kia Kahawa: Das hatte ich wirklich lange nicht mehr. Diesen Sog, durch den ich in meine Textfelder versinke. Superschöne Formulierung. Dankeschön. Ich denke, bei mir hat das ganz viel damit zu tun, ob ich eine Geschichte vorher plane oder einfach so drauflos schreibe. Denn ich brauche ein gewisses Maß an Planung, das aber keinesfalls ausbalanciert in einer Art Mittelbereich sein darf. Also oft sagt man ja, es soll nicht zu viel und nicht zu wenig sein. Bei mir ist das aber genau andersherum und ich brauche genau diesen Außenbereich. Entweder muss ich besonders wenig planen oder besonders kleinteilig und ausgefeilt planen. Erst dann kann ich beim Schreiben in den Flow Zustand kommen. Jetzt frage ich mal Michael Lichtenberger arbeitest du oft im Schreibfluss auch?

Michael Leuchtenberger: So einen Schreibflow, den kenn ich auch. Das kommt nicht so wahnsinnig häufig vor. Aber wenn es dann mal so ist, dass ich mir die Zeit nehmen kann, mich ganz dem Schreiben widmen kann, einem freien Tag oder am besten, im Urlaub, wenn ich eine ganze Woche frei habe, dann ist das schon passiert. Und das ist wirklich ein sehr erfüllendes Gefühl, wenn man sich hinsetzt und loslegt und einfach die Zeit vergisst und völlig eintaucht in so eine Geschichte. Da sind schon innerhalb von kürzester Zeit Rohfassung von Kurzgeschichten entstanden bei mir oder auch mal eine ganze Reihe von Kapiteln in einem Roman. Und ja, das ist sehr befriedigend, weil es ja oft auch Zeiten gibt, wo man gar nicht vorankommt. Und dann macht man plötzlich solche Sprünge, wenn es sich denn, wenn sich die Gelegenheit ergibt. Und das macht sehr viel Freude.

Kia Kahawa: Dieses erfüllende Gefühl ist toll! Schön, dass du Erfahrungen mit dem Flow gemacht hast. Wie sieht das bei Michael Hirtzy aus? Kennst du den Schreibflow?

Michael Hirtzy: Ja, das ist ein Zustand, den ich aus meiner Sicht zum Glück sehr gut kenne und regelmäßig erlebe. Es ist für mich ein Zustand, in dem ich alles um mich herum vergesse, keine Eindrücke von außen mehr aufnehme. Da gibt’s nur mich, die Tastatur und den Monitor vor mir, auf dem der Text förmlich erscheint. Anders kann ich es nicht bezeichnen. Ich könnte nicht einmal mehr sagen, dass ich noch bewusst schreibe, sondern der Text fließt förmlich aus mir heraus, entsteht vor meinen Augen und im selben Moment auf dem Monitor zu sehen. Im Nachhinein gesehen, wenn ich die Texte selbst dann noch einmal durchlese, aber auch meinem Textleserinnen und meiner Lektorin gebe, sind das sehr oft die Szenen oder Kapitel, die einfach passen, bei denen es relativ wenig zu überarbeiten gibt. Weil einfach alles da drin es sich richtig anfühlt. Die Dialoge sind perfekt, der Handlungsablauf passt, die Konflikte sind realistisch, die Reaktion der Charaktere ist glaubwürdig. Und in diesen Momenten bin ich in diesem Schreibflow bin, bin ich wirklich für mich nur konzentriert auf den Text. Macht das Schreiben auch für mich am meisten Spaß. Und das sind meine produktivsten Zeiten. Und das ist ein Zustand, den ich nicht herbeiführen kann, der aber zum Glück immer öfter geschieht und mir wirklich Spaß macht.

Kia Kahawa: Das ist ja super. Wir alle kennen den Flow und haben schon mal im Flow gearbeitet und vor allem geschrieben. Aber für unsere Zuhörer*innen ist es sicherlich super spannend zu erfahren, wie man in den Schreibflow kommen kann. Denn ganz ehrlich: Erzählen können wir euch viel! Wie sich der Schreibflow tatsächlich anfühlt, muss man wirklich selbst erlebt haben.

 

So kommst du in den Schreibflow

Kia Kahawa: Michael Leuchtenberger, wie kommst du in den Flow? Hast du da ein „Rezept“ für?

Michael Leuchtenberger: Ja. Was mir persönlich hilft, um in den Flow zu kommen, ist tatsächlich gleich morgens früh anzufangen, also mit dem ersten Kaffee sich hinzusetzen und loszulegen. Da ist mein Kopf irgendwie noch befreit und unbelastet von irgendwelchen anderen Themen, die der Tag so bringen könnte. Und eine zweite Sache, die mir manchmal gut hilft, ist tatsächlich per Hand zu schreiben. Also zumindest die Rohfassung. Natürlich, weil manchmal mein Computer mich einfach anödet. Und ja, es ist ein anderer, ganz anderer Prozess. Einfach Sachen direkt aufs Papier zu bringen.

Kia Kahawa: Ich bewundere alle AutorInnen dafür, wenn sie Rohfassung in handschriftlich schreiben können. Mir gelingt das wirklich so gar nicht. Ich kann nicht mehr als eine Seite handschriftlich schreiben, denn wenn ich im Flow bin, habe ich schon zehn weitere Ideen, während ich nur einen Satz mit dem Füller aufs Papier bringe. Ich bin dann unterfordert und gelangweilt. Ich meine, ich, ich nutze das nicht so richtig mit diesen zehn Ideen. Daraus könnte man bestimmt auch eine ganz gezielte Übung machen. Aber ich will dann lieber meine 4000 Wörter die Stunde runter schreiben, als jeden Buchstaben mit einer präzisen Handbewegung selbst erzeugen zu müssen. Also Respekt an dich, dass du das kannst. Wir sehen auf jeden Fall, dass die Flow Erfahrung etwas ganz Individuelles ist. Die Uhrzeit hat beispielsweise auch etwas mit dem Schreibfluss zu tun. Ich arbeite nach der Methode von Gary Keller, die er in seinem Buch “The One Thing” vorstellt. Und dazu gehört auch gleich morgens früh zu schreiben wie Michael Leuchten Berger. Und dazu gehört auch dieser wichtigsten Sache des Tages, also idealerweise dem Schreiben, diese ablenkungsfreie Zeit am Morgen zu gehen. Wie wir aber eben schon gehört haben, ist es bei Esther so, dass sie eher abends und nachts gut arbeiten kann. Esther, was ist dein Rezept für den Flow?

Esther Bertram: Ich habe kein echtes Rezept dafür, in den Flow zu kommen. Dafür überrascht er mich dann immer noch zu oft, dass ich dann doch reinkomme oder eben auch nicht reinkomme. Besonders bei kürzeren Texten, dass ich dann plötzlich feststelle: “Oh, jetzt ist der ganze Nachmittag weg!” Oder “Mensch, hab ich einen ganzen Tag daran geschrieben” und “Das hatte ich gar nicht geplant”. Aber es gibt zwei Dinge, die mir besonders dabei helfen. Das eine ist, mir Zeit dafür einzuräumen fürs Schreiben, mir den Abend freizuhalten, wenn ich mich nachmittags hinsetze und sage, jetzt schreibe ich und nicht abends noch! Naja, jetzt bin ich noch zum Kochen verabredet mit irgendjemandem, oder? Ach, heute Abend ist irgendwie noch Familien, Skype oder irgendwie sowas, sondern wirklich zu wissen. Okay, das hier, dieser Nachmittag oder auch dieser Tag ist komplett dafür da, dass ich schreiben kann. Und wenn ich in den Flow komme, dann kann ich dem Ganzen folgen. Wenn ich nicht reinkomme, ist das auch nicht schlimm. Dasselbe gilt für mich für Schreibwochenenden oder Schreibwochen, wo ich dann auch darauf achtet, dass ich beispielsweise den Haushalt gemacht habe vorher oder das Ganze in einem Zustand ist, dass ich es ignorieren kann, dass ich jetzt nicht noch weiß, Ah! Mensch, nachher muss ich noch eine Wäsche ansetzen, oder? Eigentlich muss ich heute unbedingt einkaufen, sonst habe ich nichts mehr zu essen, sondern dass solche Sachen vorher erledigt sind, dass ich in einen Zustand von innerer Ruhe komme und dann sagen kann Okay, jetzt kann ich das Ganze zulassen, dass ich jetzt zu mir kommen. Das ist das eine, dass ich mir die Zeiten dafür einräume. Und das andere ist, dass ich an vertrauten Orten schreibe, zuhause. Ich komme beispielsweise in Cafés nicht gut in den Schreibflow. Das ist für mich keine gute Arbeitsumgebung. Das funktioniert gut fürs Überarbeiten oder für Konzepte entwickeln oder Weltenbau oder solche Sachen. Die ganze Vorarbeit, die vor einem Text passiert, das kann ich ganz gut. Auch an Orten, wo ich andere Menschen sehe, andere Menschen um mich habe, Lärm ist und sowas. Aber wirklich in den Schreibflow kommen, das mache ich am allerbesten bei mir am Schreibtisch oder am Küchentisch. Oder wenn ich bei meinen Eltern bin, bei verschiedenen Verwandten, wo ich die Umgebung gut kenne, wo ich die Leute gut kenne, wo ich weiß, ich bin jetzt hier, um zu schreiben und kann das auch zulassen. Ich verpasse nichts. Und meinen Nummer 1 Ort zum Schreiben ist das Ferienhaus meiner Familie in Schweden, wo ich einfach hinfahre, seit ich ein kleines Mädchen bin. Das heißt, ich kenne die Umgebung, ich weiß, was ich verpasse oder auch nicht verpasse. Ich habe nicht den Druck zu sagen, aber ich bin jetzt drei Wochen hier und ich habe mir zwar vorgenommen zu schreiben, aber jetzt bin ich schon mal hier. Jetzt muss ich unbedingt das und das und das machen, denn ich komme ja nicht nochmal wieder. Wenn ich jetzt irgendwo anders hinfahre, an einen anderen Ort, sei es Urlaub irgendwie in Dänemark oder Frankreich oder Italien oder keine Ahnung. Oder ich nehme mir eine Woche in einer Stadt, wo ich nicht zur Recherche bin, sondern wirklich um zu schreiben. Das funktioniert für mich nicht gut. Das heißt, mein Flow-Rezept, ganz grob gesagt ist einerseits, mir die Zeiträume zu schaffen in meinem Kalender, um mir das Ganze zu erlauben, eine innere Ruhe zu erlauben, ein Ankommen im Text zu erlauben und eben vertraute Umgebung, möglichst auch mit Menschen, die ich gut kenne oder alleine. So komme ich gut in einen Schreibflow.

Kia Kahawa: Ach Schweden! Das ist ja traumhaft, einfach hinzufahren und zu schreiben. Ich bin ein bisschen neidisch. Ablenkungsfreie Zeit und fest fürs Schreiben reservierte Zeit ohne die Möglichkeit, dass du für die Zeit danach noch Pläne hast oder stattdessen irgendwie was anderes aus dem Inneren heraus tun müsstest. Das klingt eigentlich schon nach einem Flow-Rezept. Für mich ist es auch wichtig, den Haushalt vorher gemacht zu haben. Und witzig finde ich Während du im Café nicht gut in den Flow kommst, ist das Café bei mir neben der Bahn der flowigste Ort überhaupt. Im Café komme ich fast immer in den Flow und zu Hause am Schreibtisch, tatsächlich inzwischen kaum noch. Zumal ich jetzt ja zwei Papageien habe, die meine Aufmerksamkeit sehr gerne und sehr laut auf sich ziehen. Das zeigt mal wieder, wie verschieden wir alle funktionieren. Michael Hirtzy, wie sieht das bei dir aus? Wie kommst du in den Schreibflows?

Michael Hirtzy: Eine gute Frage. Ich wäre froh, wenn ich eine Antwort dazu hätte. Leider kenne ich das Universal Rezept dafür nicht, so gerne ich es für mich selbst besitzen würde und auch gerne weitergeben würde. Aber es ist so, dass das kein Zustand ist, den ich gezielt herbeiführen kann, sondern der im Zuge der Arbeit passiert. Mag jetzt eine unbefriedigende Antwort sein, aber es ist ganz einfach so, dass ich da jetzt nicht etwas dafür tue, sondern es geschieht. Nichtsdestotrotz möchte ich trotzdem einige Tipps abgeben, was man als Autorin bzw. Autor tun kann, um sich zu konzentrieren. Natürlich ist die Situation für jeden anders. Jeder Mensch tickt anders. Jeder Mensch braucht ein anderes Arbeitsumfeld. In meinem Fall ist es so, dass mir Musik sehr hilft beim Schreiben, nicht beim Überarbeiten. Da brauche ich Ruhe. Aber beim Schreiben ist es für mich immer wieder gut, wenn eine Playlist im Hintergrund läuft. Da hab ich mir für unterschiedliche Geschichten, Arten bzw. unterschiedliche Sequenzen, die ich schreibe, schon meine Playlist zusammengestellt, die ich dann im Hintergrund laufen lasse und die mir dann auch dabei helfen, mich auf das Schreiben zu konzentrieren und mich vor gewissen Ablenkungen ganz einfach auch schützen. Wichtig natürlich auch, was ich jedem empfehlen kann. Nicht das E-Mail-Programm offen zu haben, nicht soziale Medien offen zu haben und im besten Fall auch das Mobiltelefon zumindestens auf lautlos zu schalten. Sehr empfehlenswert ist es auch, es auszuschalten und wegzulegen, um sich wirklich aufs Schreiben konzentrieren zu können.

Kia Kahawa: Vielen Dank für deine Tipps. Eure Antworten haben alle gemeinsam einen tollen Methoden Pool ergeben, aus dem sich unsere Zuhörerinnen und Zuhörer diejenigen Methoden rauspicken können, die womöglich am besten zu ihnen passen. Bei der Musik kann ich hier nochmal meine persönliche Methode ergänzen. Ich habe eine Art Flowsong und den höre ich immer, bevor ich in den Flow gehe. Ich komme also in die richtige Stimmung und bewege mich dazu auch noch an der frischen Luft, damit ich mal so ein bisschen durchgeschüttelt und durchgelüftet bin. Und beim Schreiben selbst brauche ich Ruhe bzw. idealerweise dieses Hintergrund, Gemurmel und Geklapper, diese Café Geräusche im Hintergrund, die brauche ich.

 

Das Hobby als Beruf

Kia Kahawa: Aber es ist ja schön und gut, dass wir Autorinnen sind und im Flow mit maximalem Fokus und Konzentration schreiben können. Und ich bin mir sicher, wir alle hören auf diesen Satz: “Wenn du tust, was du liebst, musst du nie wieder arbeiten.” Wir haben ja alle so ein bisschen das Hobby zum Beruf. Liebe Esther, was hältst du davon? Tust du, was du liebst? Und hat das vielleicht auch Schattenseiten?

Esther Wagner: Ich gehöre definitiv zu den Leuten, die tun, was sie lieben. Und das Schreiben ist definitiv eine Passion von mir, der ich gerne nachgehe, weil ich das Gefühl habe, ich habe Geschichten zu erzählen, die andere Leute auch interessieren. Ich habe so viele Ideen im Kopf und so viele Welten. Als Fantasy Autoren bewege ich mich ja auch oft in dem etwas Surrealen und weit weg von dem, was wir im Alltag kennen. Und es gibt so viel, was ich erzählen möchte. Deswegen schreibe ich das ist einer der Hauptgründe. Aber ich weiß von mir selbst eben auch, dass ich das nicht die ganze Zeit tun kann. Ich brauche eine Balance, die ich für mich selbst vor allen Dingen beim Singen finde. Ich bin Sängerin. Ich bin vor allen Dingen auch Stimmbildnerischen. Das heißt, ich gebe Gesangsunterricht, vor allen Dingen in Kinder und Jugend Chören. Und das ist eine Arbeit, die für mich Ausgleich ist zum Schreiben, zur Autorinnen Tätigkeit. Weil diese Stimmbildung, die ich dort gebe, etwas ist, was mich einerseits sehr erfüllt und andererseits mir oft auch Energie zurückgibt, während das Schreiben als Arbeit an sich etwas ist, was mir oft Energie zieht. Und ich brauche diese Balance. Ich brauche auch die Körperlichkeit, die ich beim Singen habe und auch vermittle. Ich arbeite sehr nah am Körper als Sängerin selbst, aber eben auch als Gesangslehrerin. Ich gehe immer sehr stark darauf ein, wie der Körper reagiert. Solche Dinge, die mir beim Schreiben oft fehlen, beim Sitzen am Schreibtisch oder wo auch immer ich gerade schreibe, wo ich oft eben auch merke, ach, es tut mir nicht so gut, wenn ich wirklich den ganzen Tag nur stur am Schreibtisch sitze, auf dem Bildschirm starre. Ich brauche den Ausgleich und ich habe das große Glück, dass ich mehrere Passionen habe, die für mich alle gleichberechtigt sind und denen ich allen nachgehen kann. Vor allen Dingen, seitdem ich im letzten Jahr mein Studium beendet habe und danach jetzt seitdem auch als freiberufliche Künstlerin unterwegs bin und dadurch auch mir selbst erlauben kann, dem Ganzen zu folgen und das große Glück habe, dass ich nicht noch nebenher einen weiteren Job habe, mit dem ich meine Miete bezahle, sondern dass ich wirklich mich darauf konzentrieren kann, dass ich tue, was ich liebe. Und das ist ein großes, großes Privileg und das weiß ich sehr zu schätzen. Das heißt, am Ende des Tages tue ich, was ich liebe, eigentlich die ganze Zeit. Aber das besteht eben bei mir aus unterschiedlichen Facetten. Und wenn es nur das Schreiben wäre oder wenn es zeitweise eben nur das Schreiben ist, dann merke ich, dass mir etwas fehlt.

Kia Kahawa: Danke für deine Worte. Es geht in meinem beruflichen Leben derzeit auch viel um Ausgleich und Balance und ich bin froh, dass ich damit nicht allein bin. In einer eher dunklen Phase hatte ich tatsächlich sogar das Gefühl, ich wäre keine richtige Autorin, weil mir Schreiben Energie zieht, statt spendet und weil ich gemerkt habe, dass ich das nicht den ganzen machen möchte. Kommen wir mal zu Michael hier. Sie. Was sagst du dazu?

Michael Hirtzy: Wenn ich so darüber nachdenke, komme ich zum Ergebnis, dass es mir eigentlich gruselt vor dieser Formulierung. Denn ich bin persönlich der Meinung, würde ich das, was ich mit vollster Begeisterung mache, wo ich mein Herzblut hinein stecke, was mich fasziniert und was ich wirklich liebe, hauptberuflich machen würde. Es irgendwann zu einer Pflicht werden, zu einer Aufgabe, die zu erledigen ist, würde es zu Arbeit werden und damit wäre wahrscheinlich die Begeisterung und die Liebe dafür weg. Insofern möchte ich gar nicht, dass das, was ich liebe, zu meinem Hauptjob wird und damit zur Arbeit wird, sondern ich möchte das Schreiben weiterhin als etwas betrachten, was ich zusätzlich zu meinem Beruf mache. Wobei ich damit nicht sagen möchte, dass mein Beruf etwas ist, was ich nicht gerne mache. Auch den mache ich gerne. Aber ich denke, man braucht immer einen gewissen Abstand zwischen Dingen, die man tut, um zu verhindern, dass sie irgendwann zur Routine werden. Und alles, was zur Routine wird, wird auch irgendwann einmal lästig. Und ich denke, das sollte man im Beruf nicht haben. Das sollte man aber auch bei solchen Dingen wie Schreiben nicht erleben.

Kia Kahawa: Dazu fällt mir ein weiterer Satz ein, der mir ständig im Kopf herumschwirrt, seit ich ihn gehört habe. Wenn du dein Hobby zum Beruf machst, dann brauchst du ein neues Hobby. Das ist tatsächlich so ein bisschen die Schattenseite von dem Ganzen. Und ich finde gut, dass du das gerade angesprochen hast. Mir fällt auf, dass ich z.B. Cluster arbeiten brauche. Also früher habe ich das Fließbandarbeit genannt. So von wegen ich mache erst alle Türen für alle Autos, dann mache ich alle Reifen für alle Autos. So in der Art. Also ich meine damit eher so Stapel Arbeit. Ich kann zwei Wochen lang jeden Tag acht Stunden plotten, bis mein geplantes Buch so richtig fest und gut steht und dass es auch dem Verlag je nach Exposé gefällt. Dann mache ich sechs Wochen bis zwei Monate nichts, was irgendwie mit Schreiben zu tun hat. Nicht mal Marketing kommt mir da in den Sinn für andere Bücher. Was auch nicht sehr klug ist, denn Marketing sollte man häufiger machen, als ich. Nehmt euch mich zum Vorbild, macht es besser als ich. Genau. Dann schreibe ich nach dieser Pause innerhalb von vier Monaten z.B. das gesamte Romano Skript. Und so arbeite ich auch im Alltag. Ich mache einen Tag lang die gesamte Buchhaltung, Briefe, Scan, Ablage, digitale Ablage, E-Mails und am nächsten Tag mache ich dann zum Beispiel einen kompletten Tag nur Podcast. Also diese Abwechslung, die kann man entweder täglich gebrauchen oder eben in diesem großen Projektblöcken, wie ich sie habe. Das ist, glaube ich, auch ganz, ganz unterschiedlich. Michael Leuchtenberger: Wie sehr ist dein Hobby, dein Beruf? Und kannst du nonstop schreiben, so wie ein Kind nonstop spielen kann? Oder brauchst du auch eher Ausgleich und Pause?

Michael Leuchtenberger: Also nonstop nur noch schreiben. Das könnte ich wahrscheinlich nicht. Ich bin schon jemand, der relativ schnell immer mal zumindest kurze Pausen braucht. Wenn ich das jetzt mal allgemeiner denke als nonstop Autorin Dasein, sag ich mal, könnte ich mir das für mich schon vorstellen. Weil das ist ja vielseitiger als man gemeinhin denkt. Da gehört ja nicht nur Schreiben dazu, da gehört auch Recherche dazu, z.B. da gehört Marketing dazu, sich vernetzen, Veranstaltungen und all das. Deswegen könnte ich mir das schon vorstellen, dass quasi Vollzeit zu machen. Bei mir ist es im Moment so, dass ich aber mein Geld hauptsächlich mit einem anderen Job verdiene, indem ich Vollzeit arbeite. Und da habe ich das Glück, dass der mir meistens auch viel Spaß macht. Und deswegen steht jetzt ein reiner Autor Dasein für mich im Moment nicht zur Debatte.

Kia Kahawa: Vielen Dank für deine Antwort. Ich finde, ihr habt alle einen Blumenstrauß verschiedener Antworten gegeben – genau das, was ich mir gewünscht habe, als ich mir dieses Podcast-Sommerferienprogramm überlegt habe. Ich hoffe, dass die Zuhörer*innen von Auto(r)preneur das eine oder andere für sich mitnehmen konnten und sage nochmal ein ganz großes Danke an Michael Hirtzy, Michael Leuchtenberger und Esther Bertram!

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In dieser Folge erwähnt:

The One Thing von Gary Keller

 

 

In dieser Folge mit dabei:

Esther Bertram

Twitter:  @inky_feathers

Instagram: @rabenfedern

 

Michael Leuchtenberger

Twitter: @MichaLeuchte

Instagram: @michael.leuchtenberger

 

Michael Hirtzy

Website: https://www.michael-h76.at/

Twitter: @michael_h76

Instagram: @michael_h76_autor

 

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