Der Steuerzahlergedenktag

von | Jul 19, 2017 | Autoren an die Steuer | 0 Kommentare

Happy Steuerzahlergedenktag! Oder eher: Mein Beileid?

Die größten Steuern, also diejenigen, die dem Staat am meisten einbringen und die die meisten von uns betreffen sind einerseits die Einkommensteuer, wovon Lohnsteuer, Körperschaftsteuer und Kapitalertragsteuer lediglich andere Erhebungsformen sind und andererseits die Umsatzsteuer. Beim Steuerzahlergedenktag geht es primär um die Abgaben, die wir im Rahmen der Einkommensteuer haben. Allerdings habe ich einige Tweets gesehen, die gar nicht mal so richtig sind …

Vom Termin des Steuerzahlergedenktag

Ein Jahr hat 12 Monate. Ein Monat entspricht 8,33 % eines Jahres. Ein Tag entspricht 0,274 % eines Jahres.

Wenn wir Deutschen 8,33 % unseres Einkommens in Form von Steuern abgeben würden, wäre der Steuerzahlergedenktag am 1. Februar. Denn an diesem Datum sind 8,33 % des Jahres vergangen. Wenn 56,4 % des Einkommens abgegeben werden, landet man auf dem 19.07. des Jahres. Genauer: Um drei Uhr morgens.

 

Es geht bei der Terminfindung des Steuerzahlergedenktags darum, an einem bestimmten Datum einen Appell zu starten. “Ab heute arbeiten wir für unsere private Tasche”, heißt es. Doch zahlst du 56,4 % deines Einkommens in Form von Steuern an den Staat? In was für einer Welt ist das so, wenn doch die Reichensteuer bei 45 % liegt und ab einem Einkommen von mehr also 250.000 Euro im Jahr erhoben wird?

 

Falsche Informationen zum Steuerzahlergedenktag?

Von einem verdienten Euro bleiben dir nur 45,4 Cent, sagt die FDP und setzt den Bund der Steuerzahler als Quelle ein.

Das hieße doch, dass jemand, der im Monat 800 Euro verdient, nur 363,20 € übrig bleiben. Bei einem 450-Euro-Job blieben uns nur 204,30 €. Verdienst du 1.000,00 Euro brutto, so bleiben dir nur 454,00 €. Bei 1.500 € wären es 681,00 € und bei 1.700 Euro 771,80 Euro. Und selbst, wenn du 2.000 Euro brutto im Monat verdienen würdest, bleiben dir nur 908,00 € übrig. Kann das wahr sein?

Nein.

Genießt solche Informationen kritisch und seid informiert! Zum Informiert-sein habt ihr ja Autoren an die Steuer 😉

 

Abhängige Beschäftigung und der Steuerzahlergedenktag

 

Erstmal zur Quelle: Das gesamte Einkommen, dass der deutsche Bürger durchschnittlich (!) verdient, wird insgesamt zu 54,6 % an öffentliche Kassen abgeführt. Öffentliche Kassen – nicht der Staat! In diesen 54,6 % sind sämtliche Sozialabgaben enthalten. Konkret gehören zu den 54,6 %:

  • Lohn- und Einkommensteuer
  • Solidaritätszuschlag
  • Kirchensteuer
  • Krankenversicherung
  • Arbeitslosenversicherung
  • Pflegeversicherung
  • Rentenversicherung

Dabei bemessen sich diese Abgaben prozentual von eurem Gehalt oder eurem Einkommen. Hier müssen wir unterscheiden. Ist man selbstständig, so zahlt man andere Sätze, als wenn man in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis steckt.

Bist du Arbeitnehmer, so werden folgende Abzüge von deinem Gehalt abgezogen:

Lohnsteuer [variabel, beginnt bei circa 15 % vom Gehalt]
Solidaritätszuschlag: 5,5 % der Lohnsteuer
Kirchensteuer: 8 – 9 % [je nach Bundesland] von der Lohnsteuer

Krankenversicherung: 7,3 % vom Gehalt plus Zusatzbeitrag
Rentenversicherung: 9,35 % vom Gehalt
Arbeitslosenversicherung: 1,5 % vom Gehalt
Pflegeversicherung: 1,275 % – 1,525 % vom Gehalt je nach dem, wie alt man ist und ob man Kinder hat. Außer in Sachsen, dann zahlt man etwa ein halbes Prozent mehr.

Deine Sozialversicherungsabgaben bewegen sich im Schnitt also um die 21 % herum. Die Variabilität der Lohnsteuer ist letzten Endes gleichzusetzen mit der tariflichen Einkommensteuer. Hierzu habe ich bereits einen Artikel geschrieben, der dir weiterhelfen kann. Hast du einen 450-Euro-Job, so werden dir keine Abgaben von deinem Gehalt abgezogen. Es sei denn, du willst freiwillig in die Rentenversicherung einzahlen: Das kostet dich aber nur 3,7 % von den 450 Euro! Arbeitest du bis 850,00 € brutto im Monat, befindest du dich in der sogenannten Gleitzone. Das bedeutet, dass du bei einem enorm niedrigen Lohnsteuersatz beginnst und ermäßigte Abgaben zahlst.

Was muss man aber tun, um 56,4 % seines Einkommens an öffentliche Kassen abgeben zu müssen?

Angenommen, wir zahlen 21 % in die Sozialversicherung, woher kommen dann die übrigen 35,4 %?

Es sind Steuern! Ganz klar!

Doch hier kommt das, was viele nicht bedenken. Die Antwort erklärt euch, warum ich einen so langen Artikel zum Steuerzahlergedenktag schreibe:

Man muss Brutto etwa 6.166 Euro verdienen, um 56,4 % seines Einkommens in öffentliche Kassen abzugeben! Davon bleiben ihm 2.715 Euro zum Leben.

Verdienst du im Jahr 74.000 Euro, so zahlst du für 2017 einen Steuersatz von 22.604 Euro. Der Soli beträgt dann 1.243,22 €, die Kirchensteuer bei 9 % 2.034,36 und unsere pauschalen, gerundeten 21 % der Sozialversicherung betragen 15.540 Euro. Dieses ist aber nur ein fiktiver Wert, da die Beitragsbemessungsgrenzen überschritten werden! Lies’ den Artikel unbedingt weiter.

Denn es geht bei Steuerzahlern nicht nur um Lohnsteuer. Es geht um viel mehr. Schauen wir uns an, was Selbstständige vom Steuerzahlergedenktag mitnehmen:

 

Selbstständigkeit und der Steuerzahlergedenktag

Bist du selbstständig, so sieht das mit den Abgaben etwas anders aus. Man zahlt bei freiwilliger gesetzlicher Versicherung von seinem Einkommen:

Einkommensteuer [variabel, beginnt bei circa 15 % vom Einkommen]
Solidaritätszuschlag: 5,5 % der Einkommensteuer
Kirchensteuer: 8 – 9 % [je nach Bundesland] von der Einkommensteuer

Krankenversicherung: 14,6 % vom Einkommen plus Zusatzbeitrag
Pflegeversicherung: 2,55 % – 2,8 % vom Einkommen je nach dem, wie alt man ist und ob man Kinder hat. Außer in Sachsen, dann zahlt man etwa ein halbes Prozent mehr.

Rentenversicherung: freiwillig. Wenn, dann 18,7 %
Arbeitslosenversicherung: freiwillig. Wenn, dann 3 %

Als Selbstständiger kannst du also allein an sozialen Abgaben 17,95 % bis 40,6 % deines Einkommens in die Sozialversicherung schmeißen. Übrigens: Bist du als Autor bei der KSK versichert, übernimmt diese den Arbeitgeberanteil für dich und deine Sozialversicherung fällt so aus wie die eines Arbeitnehmers.

Hat ein Selbstständiger eine freiwillige Rentenversicherung und zahlt auch in die Arbeitslosenversicherung ein, so zahlt er 40,6 % seines Einkommens für die Sozialversicherung.

Um 56,4 % seines Einkommens abzugeben, braucht ein Selbstständiger ein monatliches Einkommen von 1.700,00 €. Ihm bleiben 761,51 € zum Leben. Das ist weniger als Hartz IV.

Bei einem Jahreseinkommen von 20.500 Euro fallen für den VZ 2017 2.654 € Einkommensteuer an, 145,97 € Solidaritätszuschlag, 238,86 € Kirchensteuer (falls vorhanden) und in etwa 8.323 € Sozialversicherung. Von den 20.500 Euro bleiben 9.138,17 Euro übrig. Im Monat kann der Selbstständige also 946 Euro abgeben und darf 761 Euro behalten.

Übrigens: Bei einer GmbH wird das Geld doppelt versteuert. Die GmbH und andere ähnliche Rechtsformen von Unternehmen gelten als juristisch eigenständige Personen. Nimmt die GmbH Geld ein, so wird dieses Geld versteuert. Das Geld bringt aber dem Gesellschafter nichts. Lässt man sich etwas auszahlen, so zahlt man auf das bereits versteuerte Geld Kapitalertragsteuer.

 

Was ist denn jetzt mit dem Steuerzahlergedenktag?

Die 56,4 %, die von jedem Euro, den du und ich verdienen, an den Staat gehen, sind, wenn man nur Einkommen und Sozialversicherung ansieht, nur eines: Klickbait.

Es geht darum, in die Twitter-Trends zu kommen und uninformierte Leute aufschreien lassen zu können. Die 56,4 % sind ein Wert, der hinsichtlich Einkommensteuer und Sozialversicherung nur die wenigsten betrifft: Nämlich Selbstständige, die sich freiwillig in allen Sozialversicherungen versichern lassen, nicht zur KSK gehen können und mindestens 20.000 Euro im Jahr verdienen.

Der wirkliche Prozentsatz, von dem beim Steuerzahlergedenktag die Rede ist, ist ein Wert von 37,1 %. Der Einkommensteuerzahlergedenktag wäre schon am 15. Mai gewesen. Hierzu gibt es einen tollen Artikel der Zeit, der dazu mehr offenlegt.

Es geht beim Steuerzahlergedenktag, glaubt man der Welt, aber um alle anderen Steuern.

„Das gesamte Einkommen, das die Steuer- und Beitragszahler vorher erwirtschaftet haben, wurde rein rechnerisch an den Staat abgeführt“, sagte der Präsident des Steuerzahlerbundes, Karl Heinz Däke, dem Blatt.

Nach Berechnungen seiner Organisation müssen die Arbeitnehmer in diesem Jahr 53,3 Prozent ihrer Brutto-Einkünfte an den Fiskus und die Sozialkassen zahlen, sie können also nur 46,7 Prozent [b]ehalten. So hoch war die Belastung laut Steuerzahlerbund zuletzt im Jahr 2003. So gehen von jedem Euro Einkommen 32,7 Cent für Steuern ab. Davon 7,2 Cent Mehrwertsteuer, 10,8 Cent Lohn-/Einkommensteuer und Soli-Zuschlag, 2,2 Cent Energiesteuern sowie 12,5 Cent für sonstige Steuern wie Erbschaft-, Kfz-Steuer.

An die Sozialkassen werden laut Steuerzahlerbund 20,6 Cent abgeführt. Davon 10,3 Cent Rentenversicherungsbeiträge, 7,9 Cent Krankenkassenbeiträge, 1,4 Cent für die Arbeitslosenversicherung und 1 Cent für die Pflegeversicherung.

Jetzt wird ein Schuh draus!

Wenn wir bedenken, wie viel Geld dessen, was wir erwirtschaftet haben, wieder für etwas ausgeben, das neue Steuern generiert, dann kommen die 56,4 % hin. Bedenken wir also nicht nur die Nichtselbstständigen und Selbstständigen sondern auch diejenigen, die beispielsweise Erbschaften in sechstelliger Höhe erhalten und somit Erbschaftsteuer zahlen.

Wieso die Kfz-Steuer allerdings in der Rechnung drin ist, und was die Energiesteuer damit zu tun hat, kann ich euch wirklich nicht sagen. Denn diese Steuern fallen erst an, wenn du das Geld, das du eingenommen hast, wieder ausgibst. Und wenn man das in eine solche Rechnung mit einbezieht, müssten wir die 7 – 19 % der Umsatzsteuer, die wir für jeden Einkauf und jede Dienstleistung abdrücken sowie die anteilige Tabaksteuer der Raucher auf alle Deutschen umgerechnet mit einbeziehen. Und die Mineralölsteuer, Schaumweinsteuer, Kaffeesteuer, Teesteuer, Vergnügungsteuer (ja, echt jetzt) und viele weitere unserer über 40 Steuern. Und dann wird es unrealistisch, denn Steuern sind unendlich.

Jeder Euro, den du einnimmst, wird versteuert.

Jeder Euro, den du ausgibst, wird versteuert.

Jeder Euro, den derjenige, an den du ihn ausgegeben hast, einnimmt, wird versteuert.

Jeder Euro, den derjenige, an den du ihn ausgegeben hast, eingenommen hat und wieder ausgibt, wird versteuert.

Irgendwann bleiben von einem Euro nur noch 0,01 € übrig. Denn es ist ein niemals endender Kreislauf. Der Euro, den Lischen Müller heute für deinen Roman ausgibt, hat sie von ihrem Arbeitgeber, ein Fitness-Studio. Diesen hat er von Peter, der Mitglied im Fitnessstudio ist. Und der Peter, der hat einen Tante-Emma-Laden, wo du neulich deinen Euro für ein Käsebrötchen ausgegeben hast.

Wollen wir das jetzt durchrechnen? Nein? Okay.


Wenn du jetzt genug von Zahlen und Berechnungen hast, habe ich hier einen Vorschlag für dich. Gedenke doch einfach der Steuern, die wir in Deutschland haben.

Es gibt eine Menge Steuerarten. Davon zahlen wir Normalverbraucher und Autoren im Alltag gar nicht mal so viele.

Folgende Steuern werden oder wurden in Deutschland erhoben:

  • Abgeltungssteuer
  • Baulandsteuer
  • Beförderungssteuer
  • Biersteuer
  • Börsenumsatzsteuer
  • Branntweinsteuer
  • Einkommensteuer
  • Energiesteuer
  • Erbschaftsteuer
  • Ergänzungsabgabe
  • Essigsäuresteuer
  • Feuerschutzsteuer
  • Gesellschaftsteuer
  • Getränkesteuer
  • Gewerbesteuer
  • Grunderwerbsteuer
  • Grundsteuer
  • Hundesteuer
  • Hypothekengewinn-abgabe
  • Investitionssteuer
  • Jagd- und Fischereisteuer
  • Kaffeesteuer
  • Kapitalertragsteuer
  • KFZ-Steuer
  • Kinosteuer
  • Kirchensteuer
  • Körperschaftsteuer
  • Konjunkturzuschlag
  • Leuchtmittelsteuer
  • Lohnsteuer
  • Lustbarkeitssteuer
  • Mineralölsteuer
  • Notopfer Berlin
  • Ökosteuer
  • Rennwettsteuer
  • Salzsteuer
  • Schankerlaubnissteuer
  • Schaumweinsteuer
  • Schenkungsteuer
  • Solidaritätszuschlag
  • Speiseeissteuer
  • Spielbankabgabe
  • Spielkartensteuer
  • Stabilitätszuschlag
  • Stromsteuer
  • Süßstoffsteuer
  • Tabaksteuer
  • Tanzsteuer
  • Teesteuer
  • Tonnagesteuer
  • Umsatzsteuer
  • Vergnügungssteuer
  • Vermögensabgabe
  • Vermögensteuer
  • Verpackungssteuer
  • Versicherungssteuer

 

So. Das reicht jetzt aber auch 😉

Alles Liebe,

Kia



Die Artikel aus der Reihe “Autoren an der Steuer” wurden nicht von einem Steuerberater verfasst und ersetzen keine professionelle Beratung. Für individuelle Beratung suche bitte einen Steuerberater auf. Mein Ziel ist es lediglich, allgemeine Informationen auf dem Gebiet der Steuern für meine Leser bereitzustellen und insbesondere Autoren Hilfen zur Orientierung an die Hand zu geben. Alle Angaben ohne Gewähr.

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