Gelungene Buchverfilmung? Ready Player One Kritik

von | 13.04.2018 | 4 Kommentare

Am 10. April war es endlich soweit. Ich durfte mir nach Monaten des Wartens und Hoffens Ready Player One im Kino ansehen. Das dazugehörige Buch von Ernest Cline habe ich schon im Vorjahr gelesen und es als absolutes Lieblingsbuch deklariert. Wie ich mit den beträchtlichen Unterschieden zwischen Film und Buch umgehe, möchte ich in diesem Nerd-Artikel darstellen.

Zur Handlung von Ready Player One als Film:

In Ready Player One begleiten wir Wade in einer Welt, die nach außen hin dystopisch ist. Es gibt Hunger und Elend, Überbevölkerung und Wirtschaftskonzerne, die Schuldner zur Zwangsarbeit rekrutieren dürfen. Auch, wenn sich alles um die virtuelle Welt OASIS dreht, bekommt man im Film zu Ready Player One eine Menge von der Welt drumherum mit. Im Film ist Wade offenbar kein High School Student und betritt den für den ursprünglichen Plot wichtigen Planeten Ludus gar nicht. Auch das Problem mit Armut in der digitalen Welt, Teleportationen und teuren Raumfahrten kommt nicht zu tragen.

Halliday, einer der beiden OASIS-Erfinder und Gründer von GSS, dem Unternehmen, das die OASIS entwickelt hat, ist  verstorben und hat sein gesamtes Erbe demjenigen versprochen, der sein Easter Egg findet. Wade ist ein Jäger, der mit seinem Freund Aech zwar nach dem Easter Egg, bzw. zu Beginn des Films nach dem ersten Schlüssel sucht, aber die beiden haben keinen Clan. Wer das Easter Egg finden wird, würde alleiniger Erbe der OASIS. IOI ist hier der klare Antagonist: Wenn sie das Easter Egg finden, könnten bis zu 80 % des Gesichtsfeldes einer VR-Brille mit Werbung zugeklatscht werden, vieles bläse sich in Kommerzialisierung und Profitgeilheit auf und die OASIS würde nie wieder sein, was sie einmal war. Der Film ist für Gamer, Nerds und die Allgemeinheit gedacht – ein jeder kann ihn sehen und genießen, und das ist zwar gut für den Film, hinsichtlich meiner Bewertung eher schlecht.

Zum Vergleich der Handlung darfst du sehr gerne meine Rezension zum Buch “Ready Player One” von Ernest Cline lesen. Bereits im freien Erzählen der Handlung vorab finden sich deutliche Unterschiede.

 

Meine Meinung zum Buch von Ernest Cline kannst du beim Buchensemble nachlesen.

https://www.buchensemble.de/ready-player-one/

 

Filmkritik zu Ready Player One:

Nun gut. Ein Film ist nie so gut wie das Buch. Das wusste ich, und ich war mir auch im Klaren darüber, dass ich den Film als einzelnes Werk betrachten sollte und nicht als buchtreue Darstellung der echten Geschichte. Zum Einen hat mich im Vorfeld bereits gestört, dass Tye Sheridan den Protagonisten Wade Watts spielt. Eigentlich ist Wade übergewichtig, aber insgesamt hat der Charakter doch ganz gut gepasst – aber auch die Schauspielerin von Helen war eigentlich viel zu dünn. Sie wurde im Buch als adipös bezeichnet und war im Film ebenfalls normalgewichtig, maximal vielleicht ansatzweise mollig. Dennoch haben beide Schauspieler ihre Rollen gut gespielt, mit der Ausnahme, dass sie untereinander offenbar nichts geschockt hat. Die Tiefen der Beziehungen zueinander sind im Film definitiv verloren gegangen. Was eine tiefe und routinierte Freundschaft zwischen Parzival und Aech sein soll, ist ein zu oberflächlich-kumpelhaftes Nebeneinander-Arbeiten. Das liegt nicht nur daran, dass sämtlichen Figuren Gesichtsausdrücke wie Entsetzen, Schock oder Verwunderung an den entsprechenden Stellen gefehlt haben, sondern auch daran, dass die Gamer, die sich eigentlich nur als ihre Avatare online kannten, sich viel zu beiläufig persönlich getroffen haben.

Der Film Ready Player One hat mehr allgemeinverträgliche Witze und lustige Dialoge als im Buch. Na klar, es ist ja auch ein Film für die Allgemeinheit, dem bereits zukünftige Oscar-Nominierungen zugesprochen werden. Die Suche nach dem ersten Schlüssel auf dem Weg zum Erlangen des Easter Eggs beginnt mit einem Autorennen statt dem Dungeon auf dem Schulplaneten. Es ist mir etwas zu nerdig. Die Suche nach dem ersten Schlüssel wirkt für Fans des Buches wie mich erstmal extrem unbefriedigend. Das Autorennen zieht sich extrem in die Länge, beinhaltet viele irrelevante Szenen von Autos, die sich an den Rand treiben und zerstören. Lautes Motorengeheule und der Versuch, ins Ziel zu fahren werden von zermalmten Spielern gespickt, die ihre Coins verlieren und mit einem GAME OVER auf ihrer VR-Brille aus der Runde genommen werden. Die Tragweite eines ingame-Todes wird im Film kaum glaubhaft gemacht. Es wird nur beiläufig erwähnt, lediglich der im Film hinzugedichtete Freund der (viel zu jungen) Tante von Wade lässt durchscheinen, dass es vernichtend sein kann, alles zu verlieren.

 

Im Großen und Ganzen ist die Erzählstruktur nicht originell, typisch Film eben. Auch wenn die Spieldauer von 140 Minuten Platz für viel Spannung, gute Charakterentwicklungen und die obligatorische Liebesgeschichte lässt und diese gut genutzt werden, habe ich das Gefühl, dass ein Film im Vergleich zu einem Buch immer sehr eindimensional ist. Seit Wochen schon habe ich Probleme damit, Filme zu sehen, weil ich es als unterfordernd oder gar langweilig finde, wenn mein Blick gelenkt wird und ich weder mit den Händen noch mit dem Hirn wirklich etwas zu tun habe. Aber ich empfand Ready Player One als Film als spannend. Ich bin dran geblieben und habe jede Minute im Kino genossen (zumindest bis die Sitze im Astor echt unbequem wurden). Ich weiß, warum ich lieber Bücher lese als Filme sehe, aber Ready Player One als Film war wirklich eine Perle der Animationskunst und ein schöner Spielberg-Film. Ich werde ihn mir auf jeden Fall bei Gelegenheit auf DVD kaufen und ihn mir noch einmal “richtig” ansehen. Das ist nämlich die Sache: “Richtig”.

Angesichts der Spielzeit sah ich den Film gezwungener Maßen in 3D. Kann man sich ja mal gönnen, dachte ich, vor allem, wenn so viele Elemente akribisch animiert wurden. Im Kino wurde ich dann schnell wieder daran erinnert, wie unangenehm 3D ist. Die Unschärfe im Vorder- und Hintergrund zwingt mich, mich auf den Mittelgrund zu schauen. Wäre in den zu schnell geschnittenen Bildern Zeit gewesen, wäre es schwierig geworden, sich auf der Leinwand einmal umzusehen. Gerade, weil im Trailer zu Ready Player One Freddy Krüger versteckt war, habe ich mit einer Fülle von Easter Eggs und halb-versteckten Anspielungen und Cameo-Auftritten gerechnet. Die kamen zum Teil etwas zu kurz, wenn man das mit meinen Erwartungen vergleicht. Durch die Reizüberflutung, die mich überfordert, habe ich nicht einmal Sonic the Hedgehog gesehen. Stand im Abspann, dass die Rechte gekauft wurden für den Film. Aber: Wo? Hat jemand den Film gesehen und Sonic entdeckt? Trotz des ganzen Gemeckers, das nun wirklich sehr subjektiv ist, war es spannend, einen Film mit 3D-Brille zu sehen, während die Protagonisten selbst mit VR-Brille die Welt erleben. Das war wirklich nett – und mal am Rande bemerkt: Die OASIS ist super gelungen.

A propos super gelungen: Die Tanzparty. DIE TANZPARTY! Sie wurde exakt so dargestellt, wie Ernest Cline sie durch sein Buch in mein Kopfkino gezaubert hat. Ohne die Hintergründe und Wades Gedanken aus dem Buch zu kennen, wird sie wohl nur halb so beeindruckend sein wie sie für diejenigen ist, die nur den Film sehen und auf das Lesen des Buches verzichten. Dennoch ist alles an ihr gut gelungen – und was Art3mis und Parzival da veranstalten, nun, da hätte sich glatt Ernest himself eine Scheibe vom Film abschneiden können. Denn darauf habe ich ein bisschen während des Lesens gewartet.

Zum Schluss möchte ich noch ein paar kleinere Schwächen des Films nennen. Ich kann einfach nicht aufhören, auf hohem Niveau zu meckern:

Das “Hamsterrad” wird im Sitzen bespielt?!? Wie kann man nur auf diese Idee kommen? Das habe ich mir ganz anders vorgestellt und frage mich, wieso die haptischen Anzüge und die Hamsterräder nicht zur freien Bewegung taugen. Die Spielweise in der OASIS erschließt sich mir hier nicht – schon gar nicht, wenn man bedenkt, dass Wades völlig freie Bewegung im Bunker “billiger” und somit eigentlich schlechter sein sollte als die luxuriöse Spielführung aus dem Hamsterrad heraus.

Viele 80er Anspielungen kamen zu kurz, was wohl den Lizenzen geschuldet ist. Vermisst habe ich beispielsweise Pacman, und das sehr schmerzlich. Wer rumnerden und Easter Eggs selbst finden möchte, muss unbedingt das Buch lesen.

A propos selbst Easter Eggs finden: Wirklich schlecht fand ich den Abspann. War da das Film-Budget aufgbraucht?! Einfach nur weiße Schrift, schwarzer Hintergrund. Gute Musik, langsames Durchlaufen. Keine additional scenes. Keine Gags, die so gut gepasst hätten. Null Design. Und am Allerschlimmsten: Kein Easter-Egg am Ende des Abspanns. Da dreht sich Halliday im Grab um!

Übrigens: Nachdem Wade zu Beginn des Films in seinen Bunker kam, hat er die Tür nicht hinter sich zugemacht. Eine Todsünde.

Lass dich jetzt nicht von all den Kritiken davon abhalten, den Film zu sehen. Ready Player One als Film ist ein Meisterwerk, wenn es für sich steht. In diesem Artikel vergleiche ich Buch und Film und sorge berechtigter Weise dafür, dass der Film seine Kritik abkriegt. Insgesamt ist Ready Player One ein Film, der schöne Geschichten über Freundschaft und Zusammenhalt erzählt und ein nicht ganz so unrealistisches 2045 beschreibt. Er ist nicht nur sehenswert, sondern wirkt besonders auf der Kinoleinwand ziemlich stark. Auf einem kleinen Bildschirm als DVD oder Stream werde ich mir den Film in Zukunft noch mehrmals ansehen, aber so richtig bombastisch wird’s nur mit Surround und der Giganto-4k-Auflösung oder was die da im Astor haben.

 

Das Problem mit den Buchverfilmungen:

Du siehst, ich habe ein Problem mit Buchverfilmungen. Und das ist auch der Grund, weshalb ich diese Filmkritik zu Ready Player One verfasse: Ich möchte für mich selbst dem Unterschied zwischen Buch und Film auf den Grund gehen, die Differenzen der Erzählstruktur ausmachen und für mich herausfinden, wie ein Buch als Film funktionieren kann. In fünfzehn Jahren sähe ich übrigens gerne mein eigenes Werk als Buchverfilmung in den Kinos. Lasst mich träumen!

Problematisch sind vor allem Veränderungen am Plot. Jemand lebt, obwohl er im Buch stirbt. Ein zusätzlicher Antagonist wird dazu erfunden und war für den Plot eher irrelevant aber sympathisch. Ein großer Teil von Wades geplanter Strategie zum Ende hin wurde einfach als Samanthas Glück-im-Unglück-Situation umgemünzt. Das ist schade, aber interessant.

Der Film hat schon mehr als 350 Millionen eingespielt, sodass ein zweiter Teil erscheinen wird. Ich selbst warte ohnehin auf Ready Player Two von Ernest Cline, will endlich mehr um Parzival, Art3mis und Aech lesen. Der Film Ready Player One ist einer dieser typischen Verfilmungen, die keinen zweiten Teil zulassen können, der an das Buch Ready Player One anknüpft.

Ready Player One habe ich mit meinem Co-Autor und Nerdfreund Florian Eckardt besucht. Nach dem Kinobesuch war eines der ersten Dinge, die ich über den Film gesagt habe: “Ready Player One ist eine bessere Fanfiction”. Und so kann man Buchverfilmungen als Buchliebhabender auch sehen: Sie sind eigene Strukturen und Geschichten, die mit den gekauften Rechten der Ideen und Figuren des Buches erstellt werden. Ein Film ist häufig keine Nachstellung des Buches und muss noch viel mehr den Massen gefallen als ein Buch. Das kann aus meiner Perspektive nur zwangsläufige Abzüge in Bewertungen nach sich ziehen, denn unterm Strich ist das Buch schlicht und ergreifend immer besser als der Film.
Dennoch habe ich Ready Player One durchaus genossen. Ich schätze, unterm Strich kann ich Filme seltener, aber mit ebenbürtiger Passion genießen 🙂

 

Wie siehst du das? So ein Statement muss man nicht stehen lassen. Hast du Hectors Reise, Harry Potter, Herr der Ringe oder Man tut, was man kann gesehen? Über diese Filme lässt sich sicherlich auch mit Bezug auf die den Filmen zugrundeliegenden Bücher diskutieren. Die Kommentarfunktion unter diesem Beitrag ist eine gute Gelegenheit dafür.

Alles Liebe,

Kia



4 Kommentare

  1. Karl-Heinz Zimmer

    Hi Kia,
    vielen Dank für die sehr interessante und freundlich-kritische Film-Rezension!

    Deine Idee, einen solchen Film als “eine bessere Fanfiction” anzusehen, ist ein Schlüssel für mich selber für neue, versöhnliche Sichtweise auf die Verfilmungen von Lieblingsbüchern. 🙂

    Herzlichen Gruß
    Karl-Heinz

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  2. Carlotta

    Ich denke, man muss sich als Buchfan einfach mal ein bisschen entspannen, wenn es um Verfilmungen geht. Klar, manchmal fällt das schwer, wenn etwas total verhunzt wird – aber Filme funktionieren einfach anders. Was aber nicht unbedingt so schlecht zu sehen ist. Und man kann auch nicht immer sagen, dass das eine besser ist, nur weil sie sich unterscheiden. Der Film ist seine ganz eigene Kunstform und man dabei eben nochmal andere Dinge beachten, als bei einem Buch – dafür sorgen sowohl das Publikum als auch das Medium Film an sich. Würde man Bücher zu getreu verfilmen, wäre das schlichtweg extrem öde – sieht man u. a. gut an der Version von Shining, die Stephen King selbst gutheißt, die aber viel langweiliger, auch weil länger, näher am Buch und detaillierter, ist als die bekannte Variante.
    Ich finde daher, dass du es dir mit deinem Statement zu einfach machst und der Vergleich mit Fan-Fiction ist (bei den allermeisten Verfilmungen) schon ein bisschen frech.

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    • Sabrina

      Na ja selbst mir kommt es eher wie eine Anlehnung an das Buch vor. Also der Fan-Fic Vergleich kommt schon hin. Klar kann man nicht alles umsetzen, aber komplett die Story vom Inhalt ändern? Hat für mich nicht mit Buchverfilmung zu tun. Wäre so ähnlich als wenn man Harry Potter gleich mit einen Sexy großgewachsenen Blonden Schauspieler ersetzt hätte, und statt Fluffy zb einen Troll oder so genommen hätte. Einfach so Dinge die sollten einfach beibehalten werden.

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  3. Sabrina

    Ich habe erst die erst 2 Kapitel gelesen gehabt, als ich in den Film ging, mein Freund war so heiß drauf nachdem er das Buch beendet hatte (und ich ja erst nach ihn anfangen konnte XD)
    Er war so mega enttäuscht. Ich fand ihn gut, aber war baff das NICHTS rein gar nichts vom gelesenen (bisher) vorkam. Die Schule usw… HÄ? Normal lese ich keine Bücher mehr, wenn ich den Film kenne, aber hier hab ich dennoch weiter gelesen, bis jetzt ist auch kaum eine Parallele drin, dass ich sagen kann, jo kenn ich (bin kurz vorm 1 Schlüssel) Das ist mein Problem, es würde mich langweilen, aber hier echt net.

    Übrigens Sonic ist ziemlich am anfang, da wird die Oasis erklärt bzw ich glaube sogar das er da gerade sich einloggt und durch diese “halle” läuft wo man sieht wie sich viele gerade einloggen und durchlaufen. da rennt Sonic ziemlich schnell durchs bild.

    aber ich hab auch auf 3d verzichtet und war echt froh drüber, selbst in 2d waren die Bilder teilweise echt sehr schnell, gerade das Rennen. Details erfassen fast unmöglich, in d3 wäre mich sicher übel geworden XD

    Ich bin gespannt, was das Buch noch für mich bereit hält 😀

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