Heute habe ich ein Interview für euch. Jana Tomy stellt sich meinen Fragen rund ums Ja-Sagen und Geschenkeannehmen, und dabei dreht sich natürlich nicht alles um Weihnachten. Eher im Gegenteil.
Kia: Hallo Jana! Ich möchte heute ein Interview mit dir zum Ja-Sagen und Annehmen von Geschenken führen, das ein bisschen anders ist als vielleicht so manches klassisches Weihnachtsinterview. Bevor ich mit der ersten Frage beginne, würde ich dich gerne zuerst bitten, dich vorzustellen.
Jana: Hallo Kia! Das klingt interessant und ich bin schon wirklich sehr gespannt auf deine Fragen. Aber erst mal ein bisschen was zu mir: Jana Tomy – das ist mein Pseudonym, das bin ich. Das Schreiben und das (Improvisations)Theater sind meine große Leidenschaft und vor etwas mehr als einem Jahr habe ich beschlossen, sie nicht länger nur als Hobby anzusehen. Ich wollte sie zu meinem Beruf machen. Ob das funktioniert, erprobe ich gerade in meinem FAJ – meinem freiwilligen Autoren-Jahr. Ansonsten reise ich gerne und entdecke die Welt, immer auf der Suche nach Inspiration.
Kia: Danke dafür, das weckt in mir persönlich schon einmal Begeisterung. Dass deine Leidenschaft unter anderem das Improvisationstheater ist, hast du mir schon im Juni diesen Jahres unter Beweis gestellt. Dabei ist das Thema Ja-Sagen wichtig, um beim Improvisationstheater mit anderen zu funktionieren. Das hast du unter anderem auf dem Literaturcamp in Heidelberg in deinen Sessions vermittelt. Warum ist Ja-Sagen so wichtig?
Jana: Speziell im Improvisationstheater? Zum einen, weil eine Szene durch ein “Nein” so sehr blockiert werden kann, dass sie zum Stillstand kommt. Man weist damit nämlich nicht nur seinen eigenen Impuls (seine Idee) zurück, sondern auch den des Mitspielers. Ein “Ja” hingegen greift einen bestehenden Impuls auf und wird durch den eigenen bereichert. Es treibt die Szene voran. In diesem Fall ist es ein Geben und Nehmen. Zum anderen lernt man durch ein “Ja”, seine eigenen Ideen zu akzeptieren und ein Stück weit auch einen Teil von sich selbst. Eine Idee sollte nicht gleich verworfen, sondern vielmehr in Betracht gezogen werden. Und genau dazu ist Improtheater da: Zum ausprobieren.
Und für das reale Leben? Manchmal glaube ich, dass wir hier zu oft “Ja” sagen. Nur leider im falschen Kontext. Auf der Arbeit, bei unliebsamen Aufgaben… wozu wir aber “Ja” sagen sollten, ist zu uns. Zu uns als Person. Das hilft uns nicht nur, neue Seiten an uns zu entdecken, sondern auch besser mit uns umzugehen. Sich so zu akzeptieren wie man ist, stärkt das Selbstbewusstsein. Zumindest ist das meine Erfahrung. Ein schöner Nebeneffekt ist übrigens, dass alle anderen dich viel natürlicher wahrnehmen.
Kia: Das geht mir auch so. Ich habe in diesem Jahr viel zu oft “ja” gesagt, um Menschen zu passen oder zu gefallen. Dabei habe ich meine eigenen Bedürfnisse selbst auf der Strecke gelassen. Verstehe ich das richtig, dass du sagst, man soll sich selbst einfach mal akzeptieren und auch Emotionen zulassen? Wenn ich wütend bin, sage ich “ja” zu mir und beschimpfe meinetwegen vor lauter Weltschmerz den Staubsauger? Meinst du, so kommt man sich und seinen eigenen Bedürfnissen näher?
Jana: Genau. Nur glaube ich, dass sich das nicht einfach so pauschalisieren lässt. Emotionen sind wichtig und sie zu unterdrücken, ist nicht gesund. Ob du nun aber den Staubsauger anschreist oder dir einfach mal einen Moment für dich nimmst und den Tränen freien Lauf lässt, das muss jeder für sich selbst entscheiden. Man muss da seinen eigenen Weg finden. Allerdings reicht es nicht, nur seinen Emotionen Ausdruck zu verschaffen. Jeder einzelne von uns hat so viele Facetten und die zu entdecken braucht Zeit. Aber wenn man nicht weiß, wo man anfangen soll, dann sind die Emotionen eine gute Wahl, um seinen Bedürfnissen näher zu kommen.
Kia: Was aber, wenn man Emotionen komplett ausblendet? Jim Carrey hat in “der Ja-Sager” eine Menge erlebt und auch eine Menge verbockt, indem er zu jeder Gelegenheit und jeder Chance einfach ja gesagt hat. Gibt es in deinem Leben eine Stelle, an der ein “ja” vielleicht alles geändert hat? Bereust du, eine Chance nicht genutzt zu haben?
Jana: Ich glaube, solche Momente hat jeder. Hätte ich damals “Ja” gesagt, wäre ich jetzt vielleicht schon verheiratet und ich wäre niemals auf die Idee gekommen, Autorin zu werden. Hätte ich damals “Ja” gesagt, wäre ich heute vielleicht beim Rundfunk tätig. Ich bereue es allerdings kein Stück, diese Chancen nicht genutzt zu haben. Die Sache mit dem Rundfunk hing mir zwar einige Jahre nach und ich habe mich sehr geärgert, aber später wurde mir dann klar, dass meine Entscheidung, die ich unbewusst getroffen habe, genau die Richtige war.
Kia: So habe ich dich erlebt. Als eine, die zu ihren Entscheidungen und zu ihrem Sein steht. Wir haben uns in diesem Jahr zu drei Events persönlich getroffen und ich habe dich immer als sehr energievolle Frau wahrgenommen, die weiß, was sie will und unendlich stark und sympathisch wirkt. (Rot werden darfst du später :-* ). Dabei läuft bei dir bestimmt auch nicht immer alles rund. Hast du Tipps, vor allem für die Vorweihnachtszeit und für Leute, die gerade nicht so viel zu Lachen haben?
Jana: Ich musste gerade doch ein bisschen lachen, denn bei mir läuft es öfter nicht rund, als du dir vielleicht vorstellen magst. Das Autorenleben und die lieben Kollegen auf Twitter geben mir Halt. In mehr Situationen, als sie es wissen. Ich glaube auch, dass hierin der Schlüssel liegt, für alle, die gerade eine Zeit voller Hindernisse durchmachen. Wir sehen gerne das Negative und halten es fest. Aber gerade in solchen Momenten oder Phasen ist es wichtig, sich auf das zu besinnen, was einem Spaß macht und was einem Halt gibt.
Kia: Am Negativen halten wir uns fest. Das ist so ein Angewohnheit der Menschheit und tut oft weg. Ich habe in letzter Zeit immer häufiger gehört, dass Weihnachten ein Fest von Konsum und Kommerz ist und vor Scheinheiligkeit nur so stinkt. Würdest du sagen, mit der Einstellung verpasst man etwas, auch wenn man Weihnachten nicht so viel abgewinnen kann?
Jana: Für alle, die so denken: Weihnachten ist um einiges mehr, als nur Konsum und Kommerz. Das liegt nicht nur daran, dass ich christlich bin und darum einen bestimmten Blickwinkel auf dieses Fest habe, sondern, dass meiner Meinung nach eine Botschaft dahinter stehen kann, die wir in unserer schnellebigen Zeit gerne mal vergessen: Anderen eine Freude machen und uns auch selbst einmal über etwas zu freuen. Das Negative fallen lassen.
Kia: Ich kann mir vorstellen, dass dir mit deiner Einstellung häufig Plotbunnys über den Weg laufen. Ist das so? Und wie gehst du mit Plotbunnys um?
Jana: Das Wort Plotbunny habe ich als etwas negatives, oder zumindest schwieriges kennengelernt. Als eine Idee, die dir alles, was du für deine Geschichte geplant hast, über den Haufen wirft. Sie setzt sich in deinen Kopf und lässt dich nicht mehr los. Ich plane meine Geschichten kaum und auch sonst weiß ich meist nur grob, wo die Reise hingehen soll. Und wenn dann eine Idee vorbei springt, die mich so sehr packt, dass sie mich nicht in Ruhe lässt, dann freue ich mich darüber. Aber bevor ich einem Plotbunny folge, höre ich auf mein Bauchgefühl. Das finde ich enorm wichtig, denn nur so finde ich heraus, ob ich mit dieser Idee wirklich zufrieden bin, oder ob es nur ein einmaliges Hochgefühl ist. Ich mag sie also eigentlich irgendwie. Man könnte sogar sagen, sie schlagen bei deinen Fragen den Bogen zum Improvisationstheater und zu Weihnachten: Ich freue mich darüber und akzeptiere meine Plotbunnys.
Kia: Ich finde es gut, dass du Ideen zulässt und Plotbunnys akzeptierst. Das Annehmen von Situationen, Personen und Herausforderungen ist für mich gerade ein großes Thema. Als Minimalistin, die in einer sehr konsumorientierten Familie Weihnachten feiert und als Nähebedürftige, die mit einem leicht aphephosmophobischen berührungsängstlichen Menschen anbändelt, blicke ich gerade eher Herausforderungen entgegen, als dass es einfach ist. Ich muss alles, was ungewohnt oder vielleicht unbequem ist, irgendwie annehmen. Fällt es dir schwer, solche oder so ähnliche Situationen anzunehmen?
Jana: Da wir hier von einem realen Leben reden und nicht länger von einer Geschichte, die wir aufschreiben, oder einer Szene, die wir improvisieren: Definitiv! Es mag wichtig sein, dass unsere Protagonisten leiden. Aber wenn es um mein Leben geht, dann fällt es mir natürlich schwer, mit solchen Situationen umzugehen. Es sind nicht unbedingt die kleinen Herausforderungen, sondern die wirklich großen, die man eher als Strafe denn als Geschenk betrachtet. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob das Akzeptieren hier etwas bringt… Was aber sehr wohl akzeptiert werden sollte, ist das Gelernte aus dieser Situation / dieser Zeit. Wir gehen mit neuen Erfahrungen und Erkenntnissen über uns selbst daraus hervor. Das so zu sehen ist nicht einfach, und auch ich scheitere regelmäßig daran. Aber ich möchte daran glauben, dass uns selbst dieses Scheitern wieder ein Stück weiter bringt.
Kia: Scheitern ist so ein schönes Wort. Seit ich mich damit auseinander gesetzt habe, habe ich regelmäßig Lust auf Scheitern, weil damit irgendwo immer Mut und Stärke im Vorfeld verbunden sind und wir daran wachsen. A propos daran wachsen: Kreative Ideen werden oft von außen angestoßen und wachsen in demjenigen heran, der sie anders betrachtet.
Wenn wir das Kreative der anderen als Geschenk nehmen und das nicht nur aufs Improtheater beschränken, was glaubst du, wie können wir als Schriftsteller vom “Kreativen der anderen” profitieren? Und meinst du, du hast eine solche Idee selbst mal angestoßen?
Jana: Von der Kreativität anderer profitieren klingt ein bisschen, als würden wir versuchen, anderen die Ideen zu klauen. Ich glaube eher, dass wir uns von ihnen inspirieren lassen (können). Wir hatten diese Thematik auch schon in einer unserer Podcast-Folgen. Dabei waren wir uns einig, dass man als kreativer Mensch Dinge ganz anders wahrnimmt. So auch, wenn wir mit anderen zusammen sind. Es geht mir nicht darum, dass jemand über eine konkrete Idee spricht und diese am Ende einfach abgewandelt wird, sondern um ein Wort, eine Bewegung, der Klang einer Stimme, es kann ein einfacher kleiner Moment sein, und schon regt sich etwas in uns. Kreativität ist überall, und man kann sie sogar bündeln. Ich erlebe das beispielsweise immer dann, wenn ich in Berlin bin. In dieser Stadt gibt es einfach so viele kreative Menschen, dass es mich ansteckt und ich selbst vor Ideen übersprudeln könnte. Es ist, als würden sie mir mit ihrer bloßen Anwesenheit ein Geschenk machen. Inspiration. Ich bekomme neue Ideen und finde dadurch vielleicht sogar wieder eine Facette von mir selbst. Ein Teil davon passiert unbewusst, zu einem anderen müssen wir explizit “Ja” sagen, aber das hatten wir ja bereits. Ob ich selbst schon einmal die Kreativität bei jemand anderem angestoßen habe, weiß ich leider nicht. Aber ich würde mich darüber wohl sehr freuen.
Kia: Ein kreatives Bündel ist das, was wir wohl alle wollen. Es durch Ja-Sagen, Geschenke-Annehmen und Improvisieren zu erreichen klingt für mich nach einer sehr wertvollen Botschaft, die wir so stehen lassen können. Hast du ein Schlusswort für unsere Leser?
Jana: Gern. Ich glaube, dass diese Kombination sehr wertvoll sein kann. Wenn ihr nur einen kleinen Teil aus meinen Antworten für euch mitnehmen konntet, dann freut mich das sehr, denn auch ich bin noch am lernen und suche meinen Weg. Aber ich glaube auch, dass es nicht für jeden das richtige ist. Solltet ihr also das Gefühl haben, dass ihr gar nichts damit anfangen könnt, dann ist auch das etwas, dass ihr hoffentlich für euch mitnehmen konntet.
Mehr zu Jana
Website: www.jana-tomy.de
Twitter: @ISternchenI
Podcast: offline
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