“Ich war auch mal jung”, denke ich, obwohl ich erst 23 Jahre alt bin. Man mag mich für solche Gedanken auslachen, aber im Bezug auf romantische Texte bin ich tatsächlich alt geworden.
Es hat sich zumindest eine ziemlich große Veränderung durch mein Leben gezogen.
Man will immer haben, was man nicht kriegen kann. Und was man hat, das ist einem nicht genug. So geht es vielen Menschen und so ging es mir auch in meiner Jugend. Klar, ich bin noch voll jung und fit, also jugendlich, aber ein Teenager bin ich tatsächlich nicht mehr.
Als Teenager bin ich in romantische Texte versunken. Ich weiß noch, dass das erste Jugendbuch, das mich so richtig verliebt gemacht hat, etwas mit einem Paul zu tun hatte. Und einem Mädchen, das den Paul gar nicht so toll fand, aber irgendwie waren da dann doch Gefühle, und das obwohl das Mädchen mit der Pubertät genug zu tun hatte.
So war es auch bei mir. Nicht das mit der Pubertät, in meinem Umfeld wurden natürlich nur alle anderen anstrengend, nie aber ich selbst.
Aber ich hatte alle Hände voll zu tun mit meinen sozialen Kontakten. Die waren mit 15 Jahren eh das wichtigste auf der ganzen Welt.
Und wie wichtigsten Menschen ever, die mir mehr bedeuteten als ein gesunder Schlaf, meine Familie oder meine Schulnoten, konnten mich beeinflussen, wie sie wollten. Ich schrieb damals romantische Texte in Freundesbücher oder in Briefe, die man sich vor der ersten Stunde in der Schule noch schnell austauschte.
Mit den ach-so-besten Freundinnen wurde dann darüber gesprochen, wer mit wem wann vielleicht was und wo, und überhaupt ob es sein könnte, dass sie mit ihm, aber er hinter ihrem Rücken und oder jedenfalls kann sein. Weißt’e bescheid.
Heute ist mir das alles egal. Was mich früher vor Filmen hat wegschmelzen lassen, lässt mich kalt. Ich will niemals abgeschnittene Blumen geschenkt bekommen, weil ich mit dem Verwelken, Verderben und Verfaulen nicht klar komme. Weil ich es nicht leiden kann, dass romantische Texte oft mit Aufopferung zu tun haben.
Eine einzelne rote Rose soll mir Liebe beweisen. Wodurch? Durch die sexieste Farbe ever, das Rot?
Nein, wohl eher nicht.
Die einzelne rote Rose, die Frau zu Valentinstag oft in die hand gedrückt bekommt, ist ein Symbol der Aufopferung. Des Todes.
Da steht eine wunderschöne Pflanze für die Liebe zweier Menschen. Oder eher für die Liebe eines Menschen zum anderen Menschen. Und sie verwelkt. Mit jeder Sekunde wird sie trockener und merkt mit jedem Sonnenstrahl, wie sehr ihr die Wurzeln fehlen. Dass ihre Blätter zwar photosynthetisieren, aber nicht mit einer laufenden Wasser- und Nährstoffleitung verbunden sein können.
So ist es auch bei all den Büchern, Theaterstücken oder Drehbüchern: Romantische Texte setzen voraus, dass die Liebe stärker ist als der Tod. Romeo stirbt für Julia, weil das total romantisch ist. Und Julia krepiert aus lauter Liebe gleich hinterher – hach, wie romantisch!
Der eine stürzt sich vor lauter Liebe von einer Klippe, der nächste opfert sein Leben, um seiner Liebsten etwas zu ermöglichen und der dritte begeht Körperverletzung oder verursacht Sachschaden, um seine ach so zerbrechliche Liebe vor den bösen, bösen Konkurrenten zu schützen.
Meine Güte, sind mir romantische Texte egal.
Und dabei versuche ich gerade, selbst einen zu schreiben. Doch ich werde damit nicht so recht warm. Heute ist der 14. Februar 2017. Valentinstag. Und überall sprüht es Romantik und Liebe.
Die faltige Sekretärin im Großraumbüro brüllt den Praktikanten heute nur flüsternd an. Die Kassiererin bei Penny hat ihren Freund kurzerhand zum Exfreund gemacht und sabbelt heute niemanden voll. Sie will ihre Ruhe haben. Und der Weltfrieden macht ganz sicher einen großen Bogen um Krisenländer, damit bloß alles so bleibt, wie es ist.
Wir wollen ja nicht, dass jemand vom liebesspendenden Valentinstag ausgeschlossen wird.
Das war ein ganz schön großer Pott Tee. Er ist nun zuende und wie das bei Teetexten ist, lasse ich den Text so stehen, wie er ist. Das hier ist mein Valentinstext. Kein romantischer Text, aber etwas zum Thema. Vielleicht zu kritisch, vielleicht zu bitter, aber so ist das mit Tee: Gerade bei Walnusstee ist der schmale Grad zwischen genüsslicher Köstlichkeit und bitterem Ende am Boden der Tasse wirklich schwierig zu balancieren.
Alles Liebe,
Kia
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