Von Freundschaft und Balance

von | 31.12.2017 | 0 Kommentare

Wie Zahnräder ineinandergreifen, so haben sich die Szenen des letzten Jahres mit Match-Cuts aneinandergereiht. Und ich habe viel gelernt, viel geschafft und zugleich eine Menge verbockt. Der rote Faden, der sich durch mein Jahr 2017 zieht, hinterlässt mir das Gefühl, weiser geworden zu sein. Eine Lehre des Jahres spoilere ich vorweg: Weisheit tut verdammt weh.

Ein Jahr alt wird dieser Blog

Vor 364 Tagen ging mein erster Blogartikel hier online. Ich bin am 01. Januar mit der Kamera durch die Gegend gelaufen und habe nach dem richtigen Titelbild gesucht. Dieser gesamte Blog und die Teetexte waren ein Experiment. Wöchentlich wollte ich einen Blogbeitrag schreiben, um mir zu beweisen, dass ich auch an einem längeren Projekt dranbleiben kann. Bis auf einen einzigen Freitag habe ich das von Januar bis November durchgezogen, bis dann im Dezember der Adventskalender kam. Planmäßig sollten es 52 Blogartikel werden. Exklusive Adventskalender sind es 94 geworden. Im Großen und Ganzen war das Experiment ein Erfolg, und ich habe euch dadurch kennengelernt. In 2017 habe ich gelernt, was eine Zielgruppe ist und wer ihr, meine Leser, seid und was ihr eigentlich wollt. Danke dafür.

Aus spontanen Einfällen sind große Projekte geworden. Autoren an die Steuer war eine spontane Eingebung und ist von meinem Blog kaum wegzudenken. Ab Januar geht es mit dieser Artikelreihe auch weiter; zwischen dem 1.6. und 31.12. haben Steuern einfach keine „Saison“. Daher habe ich die Reihe derzeit pausiert.

Im nächsten Jahr werde ich Autoren an die Steuer weiterführen. Ich habe vor, es in ein E-Book zu packen, denn darauf warten viele von euch, wenn ich den Mails Glauben schenken darf.

Aber was ich mit meinem Namen in Verbindung mit dem E-Book mache, bleibt offen. Wie die Veröffentlichung dann funktionieren soll, bleibt rätselhaft. Mehr dazu im Folgenden, doch zunächst zum Fortgang dieses Blogs: Ich werde keine wöchentlichen Artikel mehr schreiben. Wenn ich Themen und Anliegen habe, wird etwas kommen. Aber die Regelmäßigkeit war eine Herausforderung, die ich zwar gemeistert, mich damit aber nicht komplett wohl gefühlt habe.

Regelmäßiges Bloggen ist für mich heuchlerisch. Wenn du das machst, ist das kein Problem; jedem das Seine! Aber ich bin nicht authentisch, wenn ich jeden Freitag etwas schreibe, es mir notfalls aus den Fingern sauge und dann die Qualität schleifen lasse. Und das habe ich in diesem Jahr viel zu oft getan.

 

Ohana heißt Familie

Aus Messen und Aktionen sind Sonder-Artikel entstanden, denn ich hatte viel zu sagen. Die Leipziger Buchmesse, das Literaturcamp in Heidelberg sowie die BuchBerlin haben mich total geflasht, was mich zum eigentlichen Thema bringt. Es geht um Freundschaft.

Was als twitterndes Networking begonnen hat, hat sich tief unter meine Haut gegraben. Ich habe Menschen kennengelernt, die sich freuen, wenn sie mich sehen. Sie halten zu mir, sind für mich da. Das habt ihr nicht nur Anfang des Jahres bewiesen, als ich mit einer ziemlich harten Realität konfrontiert wurde. Buchmenschen haben allesamt einen an der Klatsche, und das ist bei Autoren äußerst gut so. Nicht nur ich möchte das nicht missen. Zu Buchevents zu fahren fühlt sich für mich an, als würde ich meine Familie wiedersehen. Ich bin dort zu Hause.

Trotzdem hat das einen bitteren Nachgeschmack. Nicht nur, sobald das Event vorbei ist und man in sein eigenes Leben zurückkehren muss. Manchmal, da fühle ich mich wie ein Vogel, der einsam in einem Käfig sitzt und nur selten mit den anderen im Schwarm fliegen darf.

Aber der Schwarm fliegt trotzdem, und brichst du dir die Flügel, kannst du nicht mitfliegen. Ich möchte an allen Events teilnehmen und genieße es sehr, jedoch habe ich das Gefühl, dass ich an einigen Stellen heiß gelaufen bin. Vieles nehme ich deutlich zu ernst, und wenn aus Bekannten Freunde werden, man sich die Privatleben und dazugehörige Probleme der Menschen mit ins Boot holt, droht man schnell, ob der eigenen Last zu sinken.

 

Prekär – was für ein beschissenes Wort

Die Buchmenschen sind nicht alles (eigentlich), und ich habe mich zeitweise im Messemodus sowie in den sozialen Medien überfordert. Kann man zu viel Networking betreiben? Kann man zu viel Kontakt mit tollen Menschen haben, zu viel reisen und zu viele freudebringende Projekte durchführen?

Ja. Und ich habe es getan. Ich brauche eine Pause, und das hat nicht einmal mit der überfordernden Arbeit zu tun, die mich momentan so belastet. Sondern liegt es an mir. An euch. An bestimmten Personen, die mir zu schnell zu wichtig geworden sind. Denn je mehr mir diese Offenheit der Buchmenschen, die Verrücktheit der Twitterer und die nicht nur emotionale Intelligenz der Autoren zusagen, desto mehr kann ich andere Menschen nicht leiden. Nicht-schreibende Freunde verstehe ich kaum noch, und ich gehe voll in dem auf, was eigentlich mein Beruf (und nicht mein Privatleben) ist.

Berufliches und privates trennen? Kann ich nicht. Will ich nicht. Will ich aber wollen. Glaube ich. Oder?

Was passiert, wenn ich irgendwann aufhöre zu schreiben? Wenn ich niemals den Erfolg haben werde, den ich mir wünsche, und irgendwann unter der Last des Lektorierens, Korrigierens, Testlesens, Überarbeitens, Geldverdienens und Schreibens zusammenbreche? Dann ist meine Familie weg. Dann gehöre ich irgendwann nicht mehr dazu.

Auch, wenn mir Kontakte und Veranstaltungen zu Buchmessen unendlich viel Energie spenden können, so ist diese Liebe nicht bedingungslos.

Und dann finde ich mich wieder in eher stillen Zeiten, schreibe diesen Jahresrückblick und denke darüber nach, ob ich mir nicht ein unfassbar prekäres Gerüst aufgebaut habe.

Ich stehe inzwischen mit beiden Beinen im Leben. Aber es sind wackelige Beine.

 

Schreibstil in Schutt und Asche

Zu diesen Ängsten kommt, dass ich viel zu wenig geschrieben habe. Ich bin nicht zufrieden mit dem, was ich an schriftstellerischem Output leistete. Weder der Entspannungscoach noch der Gesellschaftsroman über die missverstandene Zeit, noch das aktuelle Manuskript überzeugen mich. Auch, wenn letzteres mehrere Verlage überzeugen konnte.

Über Wasser gehalten habe ich mich mit der Arbeit als Texterin. Das hat meinen Schreibstil in Schutt und Asche gelegt. Ich kann euch jetzt Zubehörteile für Traktoren verkaufen und 10.000 Worte am Tag über Sportbekleidung schreiben, bin dabei auch wortgewandt und treffsicher, aber mein belletristischer Schreibstil ist dabei verloren gegangen. Wer „Die Krankheitensammlerin“ gelesen hat, weiß, dass mein Schreibstil der einzige schriftstellerische Strohhalm war, an den ich mich und meine Überzeugung klammern konnte. Der Plot ist Mist, die Charaktere flach, die Veröffentlichung viel zu früh erfolgt. (Dass ich heute so negativ über mein Debüt spreche, zeigt, dass ich mich weiterentwickelt habe.) Nur der Schreibstil hat selbst die negativsten Rezensenten ermuntern können, die Autorin irgendwo zu loben und ihr eine existente Zukunft zuzusprechen.

Dann kam der NaNoWriMo, welcher mich trotz des Endes eines mehrmonatigen Großauftrags und einer hervorragenden Therapeutin zwar faktisch vorangebracht hat, aber meinen Schreibstil weiter zerdeppern musste. Es war zu viel drumherum zu tun, und das NaNo-Material lässt stark zu wünschen übrig. Ausgerechnet dann fiel ich in eine Überarbeitungsblockade, aus der mir von außen rausgeholfen werden musste. (Danke, Tinte und Marlen.)

Meine „Familie“ hat mich immer wieder belebt. Ich habe so viel gegeben, so viele Freundschaftsdienste geleistet, zugehört und selbst um Hilfe gebeten. Kontakteknüpfen klappt bei den schüchternsten Neulingen, mittelgroßen Verlagen sowie Influencern und Kooperationspartnern. Das Drumherum um das Autorenleben kann ich ziemlich gut. Und ich will keinen einzigen meiner Freunde missen, die aus den Buchkontakten erwachsen sind.

Psychisch bin ich durch einen ziemlich anstrengenden Sumpf gegangen. Es war immer jemand da. Es hatte immer jemand ein offenes Ohr. Und Babsi hatte auch immer offene Augen. Obwohl uns so viele Kilometer trennen, hat sie nicht nur zugehört, sondern auch aufgepasst, wenn ich mal wieder nicht auf mich selbst aufgepasst habe. Ich kann kaum ausdrücken, wie dankbar ich jedem einzelnen bin, der sich von diesen Zeilen angesprochen fühlen darf.

 

Was bleibt, bin ich.

Trotzdem bleibt die Angst. Durch das Schreiben kann ich nur allein gehen. Und meine Überarbeitungsblockade, Schreibblockaden und Stilprobleme muss ich mit mir selbst ausmachen. Ich könnte jetzt hier eine Menge dazu schreiben, und habe es beim Erstellen dieses Artikels auch getan (und wieder gelöscht), aber unter‘m Strich können meine Worte nicht einmal ansatzweise zeigen, wie gigantisch meine Versagensängste sind. Wie wichtig es ist, dass ich mich vermehrt und mit höheren Anforderungen ums Schreiben kümmere.

To get the gist: Ich bin auf mich allein gestellt.

Deshalb wird es eine weitere Veränderung geben. Neben den selteneren Blogartikeln werde ich meine Schreibfähigkeit ausbauen. So richtig mit Geld investieren und Fortbildungen. Mit Zeiten ohne Twitter, einem grundsätzlichen „nein“ zu allen „kannst du mal eben…?“-Anfragen. Ich setze mich sozusagen ein für etwas mehr Egoismus. Mehr Zielstreben. Ohne abzuheben. Mit mehr Bodenständigkeit. Und ich weiß, wer von meinen Bekannten, Freunden, Kollegen und Lesern ein echtes Interesse daran hat, dass ich mich weiterentwickele und meine Ziele langfristig erreiche, hat dafür Verständnis. Danke dafür.

 

Und jetzt?

Das war soweit mein Jahresrückblick. Es geht um Freundschaft und Balance. Ich weiß meine Buchfreunde zu schätzen. Aber ein Hineinsteigern, zu ernst nehmen und Abschotten von einem buchlosen Privatleben (falls das existiert) bringt mich in Kombination mit den eigenen Schreib- und Überarbeitungsproblemen ins Wanken. Es ist keine bedingungslose Liebe. Die Beine zittern noch, auf denen ich meine Existenz aufgebaut habe. Und daher stelle ich das Jahr 2018 unter das Motto „Balance“. Denn die brauche ich ganz dringend.

Ich werde weniger bloggen und mit mehr Effizienz arbeiten. Auf Freundschaftsdienste weitestgehend verzichten und mehr zu gesundem Egoismus tendieren. Weniger auf Social Media aktiv sein, dafür aber Qualität walten lassen. Und a propos Qualität: Mit meinem Schreiben ist das mit der Balance aus Quantität und Qualität ohnehin ein Dauerthema. Also mache ich das Thema zum Vorsatz fürs neue Jahr.

That’s it. Es geht um Freundschaft und Balance.
Und unter’m Strich wird das alles schon. Da bin ich mir sicher.

Alles Liebe,

Kia



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